1/57 Experiment with Synthetic Sound (Test)
1/57 Experiment with Synthetic Sound (Test)
The word test stands at the beginning of Kren´s Experiment with Synthetic Sound (Test), which is really a kind of endurance test which Kren poses to the film material and to the eye. The film makes do with a minimum content in its images (a wall, a pan of a cactus) and models chronologically by using a strict, stanzaic montage arrangement, which is supposed, not to push the primary extension of these motivs into the imaginary realm of images, but just to leave them in their own "superficiality." The sound, which is directly engraved onto the material, corresponds to this principle, in that it allows only crackling and scratching noises to be audible, exposes itself in unmodeled raw sound and noise spaces.
(Michael Palm: "Which Way? Drei Pfade durchs Bild-Gebüsch von Kurt Kren," in:(ed.) H. Scheugl, Ex Underground Kurt Kren. Seine Filme, Vienna 1996)
Very early on he begins to systematically maintain a filmography. As of 1/57 Experiment with Synthetic Sound (Test), consecutive numbers and production years become part of his film titles. In a rapid montage three images are juxtaposed and furnished with scratching noises directly drawn onto the film. Editing took place “in camera” during the shoot. Yet contrary to possible expectations, there never arises a disorganized series of images or an unplanned sequence. Everything is laid out ahead of time according to a written score – nothing is left to coincidence. The pages prepared for individual film projects have the appearance of a notation system, unsurpassable in its dramatic composition and intensity.
(Sigrid Sprung)
Thomas Korschil zu "1/57 Versuch mit synthetischem Ton" von Kurt Kren (Article)
Der Film besteht zunächst aus drei Elementen, die in ein bis fünf Sekunden langen Einstellungen regelmäßig wiederholt werden. Nach ihrer anfänglichen Präsentation (a-b-c) ist ihre Abfolge durch ein Schema geregelt (a-b-a-c), welches nur am Schluß durchbrochen wird. Die Spannung und das Klaustrophobische, die Dramatik des Films und damit die Möglichkeit seiner inhaltlichen Deutung ergeben sich nicht allein durch den Symbolgehalt der verwendeten Bilder, sondern erst durch die formale Stringenz. Diese drückt sich auch im asketischen Charakter der Aufnahmen aus, in denen die Objekte isoliert und dadurch auf eine symbolische Ebene gehoben werden sie kommt aber vor allem in der Reihung, der Serialisierung der einzelnen Elemente zur Wirkung. Die kahle Ziegelmauer ist das dominierende Element (a), welches sich konsequent zwischen die beiden anderen schiebt. In starren Einstellungen kommt sie aus einer anfänglichen Totale immer näher auf den Zuschauer zu (bzw. umgekehrt). Im Wechselspiel mit dem - nicht sofort, aber doch erkennbaren Revolver, der klein und am unteren Rand eines sonst völlig schwarzen Bildraumes direkt in die Kamera gehalten wird (b), baut sich eine bedrohliche Spannung auf, die nach einer Lösung verlangt. Der rhythmische Einsatz des direkt in den Film gekratzten Lichttones, der als rohes Knattern und Krachen hörbar wird, unterbrochen von stillen Phasen, unterstreicht noch die Dramatik.
Nehmen wir an, es handelt sich wiederum um eine Geschichte, die in der ersten Person erzählt wird, erkennen wir folgerichtig, daß Kren den Revolver gegen sich selbst richtet. Unser Held scheint sich in einer ausweglosen Situation zu befinden, aus der auszubrechen ihm nicht allzuviele Alternativen zur Wahl stehen. Entweder, denkt man, muß er die Mauer, die immer mehr zu einem Symbol der Isolation wird, überwinden oder sich eine Kugel in den Kopf schießen. Darin besteht der dramatische Konflikt des Films, der sich in der Montage mitteilt. Die nahen und fühlbar handkamerabewegten Aufnahmen eines Kaktus (c) strahlen etwas Intimes und Suchendes aus, was den Eindruck erzeugt, daß hier über das weitere Schicksal des Protagonisten entschieden werden soll; die beiden anderen Positionen scheinen für sich unverrückbar. (...)
Der innere Konflikt wird mit filmischen Mitteln gelöst, die Befreiung folgt nach der extremsten Nahaufnahme der Ziegelmauer in einer dreiteiligen Schlußsequenz. Zunächst sind in der längsten Einstellung des Films zu Lichtflecken abstrahierte, in der Projektion kaum identifizierbare Scheren zu sehen. Das spärliche Licht und das Verfahren der Einzelbildaufnahme ergeben Formationen von durch den schwarzen Raum auf die Kamera zufliegenden weißen Flächen und Punkten. Nach dieser Agitation kommt der Kaktus verändert ins Bild. Er ist diesmal in starkem Kontrast zu den früheren Aufnahmen aufrecht und in einer starren Kameraeinstellung vor einem hellen Hintergrund zu sehen. Der Ausbruch scheint geglückt, der Protagonist blickt ins Freie, ein quer durchs Bild fliegender Vogel bestätigt den hellen Hintergrund als Himmel. Allzu naheliegend wäre es, den stolz aufgerichteten Kaktus als phallisches Symbol zu deuten. Immerhin aber scheint er im Kontext des Films wiedergewonnene Lebenskraft und Entschlossenheit zu bedeuten. (...)
In der letzten Einstellung des Films ist noch einmal der starr gehaltene Revolver zu sehen. Auch diese Aufnahme modifiziert sich, endlich kommt es darin zu einer Bewegung, zur erlösenden Handlung. Langsam läßt die Hand den Revolver sinken, der Lauf neigt sich nach unten und verschwindet aus dem Gesichtsfeld. Der Schluß bleibt dennoch offen, wenn, zusammen mit einem abschließenden Knall des handgemachten Soundtracks, ein einzelner Kader transparenten Glasfilms - einmontiert zwischen der letzten Einstellung und dem folgenden Schwarz - flüchtig aufblitzt, gleichsam als filmisches Zeichen, welches rebelliert gegen ein Happy-end.
Thomas Korschil: Die ersten, die letzten, soweit, in: Hans Scheugl (Hrsg.), Ex Underground Kurt Kren. Seine Filme, Wien 1996