Into the World
Nothings demonstrates the fragility of human life more clearly than the sight of a newborn child. And so the film Into the World begins, though slowly and quietly, with an alarming image: that of a gasping infant in an incubator. A baby behind Plexiglas, doubly cut off in the intensive-care unit of a gynecological clinic in Vienna: This is the films subject, the innermost chamber in the world. This study of an institution shows daily routine, and also matters of fundamental importance, in an expedition through nurses lounges and maternity wards, through reception areas, waiting areas and examination rooms.
Knowing full well that hes not the first person to make a film at this kind of location, director Constantin Wulff dispenses with the conventions of television reports: He doesnt provide well-rounded portraits of women about to become mothers, or whats she doing now stories, or classic human interest stories, which automatically come to mind in connection with the subject. Into the World takes a different approach, presenting brief, intense episodes about the clinics administration and the experiences of various anonymous pregnant women on their way through the mills of the medical bureaucracy theyve entrusted themselves to. This work cant be termed exaggeratedly solicitous: Wulff also thematizes, in a matter-of-fact way, the extreme pain experienced during birth, that atavistically physical act of which three examples are shown here, in a finely calibrated mixture of discretion and explicit voyeurism.
Into the World is direct cinema in a literal sense: a direct film that carries the viewer along, and without a manipulative soundtrack or the filmmakers intervention. Accompanied by Johannes Hammels quick-reacting camera, Wulff records a many-faceted and unsentimental portrait of the possibilities and complications of giving birth in a facility intended for this purpose: the miracle of human life as a product of institutional routine.
(Stefan Grissemann)
Translation: Steve Wilder
In die Welt / Mise au monde - texte français
Bien conscient de ne pas être pas le premier à tourner dans un tel lieu, le réalisateur, Constantin Wulff, refuse les canons de la télévision : il ne nous livre ni portraits circonstanciés de futures mamans ni récits retraçant « le parcours de », ni l'une de ces sempiternelles histoires à dimension humaine qui automatiquement semblent faire le lien avec le sujet. Mise au monde procède autrement : quelques épisodes succincts, significatifs, sur la gestion de la clinique et le vécu de femmes enceintes, anonymes, dans les rouages administratifs du milieu hospitalier en qui elles ont mis leur confiance.
On ne risque pas ranger cette uvre dans la catégorie des films à l'eau de rose : très sobrement, Wulff évoque aussi les souffrances aigües de l'accouchement, cet acte physique ancestral qui, à travers trois exemples, est représenté ici dans un mélange subtilement dosé de discrétion et de précision visuelle.
Mise au monde relève du « cinéma direct » au sens littéral du terme du cinéma en prise directe sur la réalité, qui sait captiver tout en se passant de musique suggestive et de réalisateur intrusif. Servi par la caméra réactive de Johannes Hammel, Wulff brosse un tableau composite et dénué de sentimentalisme des formes et complications de l'accouchement dans un établissement prévu à cet effet : le miracle humain, produit de routine de l'institution.
Stefan Grissemann
Traduction: Françoise Guiguet
Mühle der ersten Schreie: "In die Welt", von Dominik Kamalzadeh, Der Standard, 19.11.2008, Wien (Critique)
Die Verwaltung beginnt vor der Geburt: Constantin Wulffs Dokumentarfilm deckt anhand der Wiener Semmelweis-Klinik das Innenleben einer Institution zwischen Alltag und Ausnahmefall auf.
Krisen gilt es im Krankenhaus mit routinierten Abläufen kontrollierbar zu machen. Am Anfang des Dokumentarfilms In die Welt steht ein prekärer Moment, in dem eine Beobachtung sofort ein Bündel an Haltungen anschaulich werden lässt. Da ist der Arzt, der in knappen Bemerkungen die Situation des Säuglings im Brutkasten umreißt; daneben eine Schwester - bereit, mit praktischen Handgriffen zu Dienste zu stehen; und schließlich der Vater, angespannt ob des Zustands seines Kindes, aufmerksam gegenüber der Autorität, der er sich anvertraut hat.
Die Szene eröffnet das Spektrum, in dem sich der Film in der Folge bewegt: Zwischen der Praxis medizinischer Abläufe und der Verwaltung einer Institution gerät immer wieder das Ereignis des menschlichen Lebens in den Blick, das trotz der Kontrolle etwas Unwägbares behält. Regisseur Constantin Wulff zeichnet in In die Welt Innenansichten der Wiener Semmelweis-Klinik auf, einer reinen Frauenklinik, die sich auf die Vorbereitung und Durchführung von Geburten spezialisiert. Aber nicht das Spezifische des Spitals steht hier im Zentrum als vielmehr das Universelle daran: ein Arbeitsplatz, an dem viele Stellen an unterschiedlichen Etappen eines Prozesses mitwirken.
Die werdenden Mütter (und manch ein Vater) fügen sich in diese Struktur ein. An ihnen wird das Projekt und alle damit involvierten Ebenen anschaubar: von den frühen Beratungsgesprächen über mehrere Ultraschalluntersuchungen bis hin zu den ersten Wehen und der Geburt. Das dokumentarische Verfahren ist der beobachtenden Teilnahme der Direct-Cinema-Schule verpflichtet (Wulff hat sich bereits als Kurator auf diesem Feld betätigt und etwa eine Frederick-Wiseman-Schau zusammengestellt): Das Filmteam schmiegt sich also an Situationen an, welche die Klinik vorgibt, ohne sich aufzudrängen oder gar Grenzen zu missachten - auf Interviews, Off-Kommentar oder inszenierte Settings wird gänzlich verzichtet.
Dieser Purismus mag einer Vorliebe des Regisseurs geschuldet sein; bedeutsamer aber ist, dass er gegenüber dem Mainstream sensationslüsterner TV-Formate an analytischer Schärfe gewinnt. Wo sich jene am menschlichen Schicksal delektieren, gerät in In die Welt der Apparat ins Bild - mit all seiner Ambiguität: Die Diagnose eines Herzfehlers beim Ultraschall wird zum Beispiel mit derselben nüchternen Alltäglichkeit behandelt wie der Regelfall, gewinnt jedoch genau darum an Gewicht.
Wulff folgt keinem geradlinigen Weg, begleitet somit keine Eltern über Monate hinweg bis zur Geburt. Die differenzierte Montage von Dieter Pichler vermittelt vielmehr das serielle Prinzip des Krankenhauses, in dem sich die immergleichen Situationen wiederholen. Erst dadurch wird die eigentliche Verwaltung des menschlichen Lebens an diesem Ort deutlich: Die Summe aller Besonderheiten innerhalb standardisierter Abläufe verleiht dem Bild der Klinik die Konturen.
Dramatische Schnittstelle
Streng genommen ist In die Welt aber weniger das Porträt einer Institution - trotz der Szenen, in denen es allein um interne Abläufe geht -, als ein Film über Schnittstellen, an denen ein Regelwerk Augenblicke von hoher Intensität bewältigen muss. Die aufmerksame Kamera von Johannes Hammel richtet sich so auch beständig auf Interaktionen, meistens natürlich jene zwischen Arzt und Patient. In den zentralen Geburtsszenen - ein Kaiserschnitt weicht von dieser Logik etwas ab - erreicht dieses Spannungsverhältnis den dramatischsten Ausdruck: Da reibt sich die Routine an einem ungemein physischen Akt, der einen bei aller Diskretion des Blicks nicht unberührt lässt.
(Dominik Kamalzadeh / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.11.2008)
"In die Welt": Und dann in die Arme der erschöpften Mutter, von Markus Keuschnigg, Die Presse, 20.11.2008 (Critique)
Es wirkt zärtlich, aber zugleich grausam, wie sich der Babyfuß durch die Bauchdecke der Schwangeren drückt: Das Plakat zu Constantin Wulffs In die Welt ist so konzentriert und symbolisch, wie es der Film gar nicht sein kann oder möchte. Monatelang hat der Regisseur den Alltag in der Semmelweis-Frauenklinik in Wien begleitet, werdende Eltern bei den Vorbereitungen auf den großen Moment gefilmt, Besprechungen der Ärzte, Ultraschall-Untersuchungen, schließlich auch die Geburten selbst.
Es sind den Situationen inhärente Dramaturgien, die Wulff und Kameramann Johannes Hammel verwenden, bewegende, mitreißende Kurzgeschichten, die für ein Mehr vielleicht die Institution Geburtsklinik, vielleicht das System, vielleicht die Gesellschaft einstehen können, aber nicht müssen. Wulffs dokumentarischer Ansatz ist sachlich und direkt: der frühere Koleiter der Diagonale zeigt sich in seinen eigenen Filmen stark beeinflusst und tief beeindruckt vom Direct Cinema. Die in den Sechzigerjahren von den USA und Regisseuren wie Richard Leacock und Robert Drew ausgehende Bewegung dachte den nichtfiktiven Film in erster Linie als unvermitteltes, unmittelbares Beobachten und Aufzeichnen der Wirklichkeit: keine künstlichen und kunstsinnigen Effekte, kein Kommentar, kein Eingreifen in das Geschehen.
Wie damals spielt auch heute bei Wulff die Arbeit am Schneidetisch (Schnitt: Dieter Pichler) neben dem eigentlichen Filmen die Hauptrolle; weil aus Materialmengen ausgewählt werden muss, weil man sich selbst bremsen und andauernd überprüfen muss, ob man nicht doch schon die eigene Sicht auf die Dinge mit hineinmontiert hat.
Sie schreit nach Schmerzmitteln
In die Welt zieht seine Kraft aus dem unaufgeregten Dabeisein: Gleich zu Beginn serviert der Film eine Geburt in einer langen Sequenz, die auch stellvertretend stehen kann für die Kraft dieser Art des Regieführens. Im Vordergrund liegt eine Frau in den Wehen: Sie krümmt sich vor Schmerzen, schreit nach Schmerzmitteln. Im Hintergrund kauert ihr Partner. Immer wieder vergräbt er sein Gesicht zwischen den Armen, unruhig rutscht er auf dem Stuhl hin und her, versucht die Schwangere zu beruhigen. Eine Hebamme und die verantwortliche Ärztin gehen währenddessen ihrer Arbeit nach, so wie sie es jeden Tag tun. Sie trösten, gehen auf die Patientin ein, bleiben aber notwendigerweise nüchtern, kontrollieren den Körper und seine Werte. Irgendwann ist es dann geschafft, das Neugeborene liegt in den Armen der erschöpften Mutter, die Ärztin fragt den Vater, ob er die Nabelschnur durchschneiden will. Er winkt ab. Zum Schluss werden der Prozess und sein Ausgang in einer Akte niedergeschrieben. Später sieht man Berge davon in Bündeln auf einem Tisch liegen. Das Wunder Leben ist hier nicht nur, aber auch eine Verrichtung, perfekt eingepasst in den Alltag einer gut organisierten Institution.
Dass In die Welt trotz seiner Nüchternheit so stark auf den Zuseher wirkt, liegt zum einen an den Qualitäten des Regisseurs, zum anderen daran, dass existenzielle Erfahrungen des Menschseins wie Geburt und Tod außer in den Stilisierungen des Popkinos nach wie vor ausgeblendet sind aus der öffentlichen Wahrnehmung. Wulff bricht den Mythos des neuen Lebens herunter auf die nackten Tatsachen, ohne jemals aus den Augen zu verlieren, welche kleinen und großen Geschichten sich währenddessen abspielen, ohne sich gegen die Dramatik des Moments zu stellen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2008)
"In die Welt": Wunder der Geburt, Christoph Huber, Die Presse/Schaufenster, 14.11.2008, Wien (Critique)
Einer der besten österreichischen Filme des Jahres widmet sich einem emotional geladenen Thema mit bemerkenswerter Nüchternheit: Für In die Welt hat Dokumentarist Constantin Wulff die Vorgänge in der traditionsreichen Wiener Semmelweis-Geburtsklinik gefilmt, das Material in Direct-Cinema-Manier zum kommentarlos präsentierten, klug montierten Assoziationsgeflecht geformt, das eine reflektierte Auseinandersetzung ermöglicht statt rasche (und rasch vergessene) Emotionen zu provozieren.
Vom ersten Augenblick an ein Säugling im Brutkasten, keuchend, sein Überleben ungewiss paart sich die Dringlichkeit der Geschehnisse mit distanzierten Perspektiven, wie es einer Institution entspricht, in der das für die direkt Beteiligten so einzigartige Wunder der Geburt als alltägliche ärztliche Routine betrachtet wird. Dabei wechselt Wulffs Film zwischen enorm intensiven Szenen (etwa des Geburtsvorgangs) und lakonischen Beobachtungen, die einiges an trockenem Humor verraten: etwa zur Verkindlichung der Sprache im Umfeld von Babys und vom unaufhaltsamen Weiterwuchern der Aktenberge in der Klinik.
(Christoph Huber, Die Presse Schaufenster, 14.11.2008)
Jurybegründung für 3-SAT Dokumentarfilmpreis, Duisburger Filmwoche 2008 (Award)
8. November 2008, die Jury: Dr. Joachim Huber, Dominik Kamalzadeh, Michèle Wannaz
Jurybegründung für "Grossen Diagonale-Preis 2009" (Award)
Mit den Mitteln des Direct Cinema führt uns der Regisseur an einen Ort, an dem sich jeden Tag aufs Neue der Alltag und das Aussergewöhnliche verbinden. In genauen Bobachtungen, die zugleich von Neugier und Respekt getragen sind, lässt der Film uns am Ereignis der Geburt teilnehmen. In den nüchternen Räumlichkeiten einer Wiener Klinik werden wir zu Zeuginnen und
Zeugen von Schmerz, von Schönheit, vom Wunder des Lebens. Die Ausgewogenheit der Gestaltung zieht uns in den Bann des archaischen Erlebnisses wie auch in das Glück des Gelingens. Es ist ein Werk von großer atmosphärischer Dichte und dramaturgischer Geschlossenheit. Kurz: von filmischer und menschlicher Reife. Der Große Diagonale-Preis für den besten österreichischen Kinodokumentarfilm in der Höhe von 15.000 Euro geht an: Constantin Wulff und In die Welt.
Jury: Nicole Hess (Filmkritikerin, CH) / Oliver Neumann (Cutter, Produzent, CH/AT) / Katya Mader (ZDF/Filmredaktion, 3sat, DE)
In die Welt, von Daniel Nehm, critic.de, 26.05.2009 (Critique)
Es ist fast soweit. Die Kamera blickt reserviert in den Kreißsaal. Die Schwangere windet sich, stöhnt und stößt schmerzerfüllte Schreie aus, während der baldige Vater passiv und ohnmächtig im Hintergrund sitzt, die Hände vor das Gesicht schlägt, sich immer mehr wegduckt und mitleidet, wie ein Spiegelbild des Kinozuschauers. Die Kamera kommt bis auf nächste Nähe an den Körper heran, zeigt die in Gummihandschuhe gehüllten Hände der Hebamme auf dem bebenden Oberschenkel der Schwangeren und den kühlen, routinierten Blick der Ärztin. Die Zeit vergeht erschöpfend langsam. Die körperliche Wucht des Gebärens wird förmlich spürbar, bis nach einer gefühlten Ewigkeit das blutüberströmte Baby in den Armen der Mutter liegt. Der Kamerablick insistiert so lange, bis die Szene über das journalistische Klischee, das Voyeuristische und das Spektakuläre hinausgeht und eine Reibung entsteht. Die Reibung zwischen zwei Perspektiven – dem einzigartigen Erlebnis der Geburt aus der Sicht einer Familie und der Routine eines so optimal und effektiv wie möglich auszuführenden Arbeitsrituals aus dem Blickwinkel des medizinischen Personals.
Die Ärztin legt die Handschuhe ab, füllt ein Formular aus / ein leerer, in kühles Licht getauchter Gang / Menschen im Wartesaal / Beratungsgespräche / Laboruntersuchungen / Putzfrauen beim Säubern der Korridore / ein Baby wird gewogen und abgemessen / Akten, Berge von Akten / Operationsbesteck / ein Kaiserschnitt. Der Kopf eines Babys schaut aus einem offenen Bauch hervor / Das Reinigen und Desinfizieren eines Krankenbettes.
Constantin Wulff zeigt in seinem Dokumentarfilm In die Welt verschiedenste Facetten, szenische Mosaiksteine einer Institution. Statt mittels einer konventionellen dramatischen Struktur eine angehende Familie bis zum finalen Höhepunkt, der Geburt des Kindes, zu verfolgen, beschreibt Wulff den Alltag einer Wiener Geburtsklinik in einem dichten Gewebe von Szenen und Motiven, die über den ganzen Film hinweg variiert und kontrastiert werden. Die eigentliche Geburt ist darin nur eine Facette, ein einzelner Aspekt von vielen. Scheinbar banale, organisatorische Rituale und Gespräche des Krankenhausalltags nehmen in der nicht hierarchischen Dramaturgie den gleichen Raum ein wie die drei mitreißenden Szenen der Geburt. Der dokumentarische Blick ist so nah am Ultraschallbild wie an den ersten Gesten eines Neugeborenen, mal zuwendungsvoll, fast zärtlich, mal nüchtern registrierend.
In die Welt bewegt sich weitab von den Konventionen des journalistisch geprägten Dokumentarfilms. Wulff hat sich von der Methode Frederick Wisemans inspirieren lassen, der in über 30 Dokumentarfilmen, die er selbst vorzugsweise „Reality Fictions“ nennt, das Innenleben verschiedener amerikanischen Institutionen erforscht hat. Wie Wiseman verzichtet Wulff auf eine lineare Dramaturgie, auf eine „Story“, sowie auf Interviews, in denen sich Figuren direkt an den Zuschauer richten, auf inszenierte Szenen und einen informativen Off-Kommentar. Es handelt sich um eine direkte und intuitive Form der Beobachtung, die sich gerade dadurch auszeichnet, dass der Filmemacher nicht mit einem festen, vorgefassten ideologischen Standpunkt in die Dreharbeiten geht, den es nur noch zu illustrieren gilt, sondern unvoreingenommen beobachtet und zuhört, in die Abläufe nicht eingreift, dem Unvorhersehbaren Raum gibt. Die Arbeit am Film ist so zugleich eine Art Lernprozess. Erst am Schneidetisch entsteht aus der Unmenge von Material die eigentliche Struktur, das „Skript“ des Films.
Der polnische Regisseur Krzysztof Kieslowski hatte einst aus „Furcht vor echten Tränen“ die Dokumentarfilmarbeit aufgegeben. In seiner Doku Erste Liebe (Pierwsza milosc, 1974) filmte er eine Geburt und die tief bewegten Eltern aus nächster Nähe. Der voyeuristische Einbruch in die Intimität einer Familie war für ihn ein Schlüsselmoment. Er stellte sich die Frage nach der ethischen Legitimität seiner Arbeit, kehrte der dokumentarischen Form bald darauf den Rücken und begann fortan, selbst zu inszenieren, Spielfilme zu drehen.
Gerade in einer Zeit, in der Reality Shows und Soaps das Ereignis der Geburt als Folie für große Emotionen wie selbstverständlich hemmungslos ausschlachten und instrumentalisieren, stellt sich diese Frage aufs Neue. In die Welt zeichnet ein wohltuend nüchternes und reflektiertes Gegenbild. Die Ausschnitte aus dem Intimleben der Menschen erschließen sich als Teil des weitgefächerten Porträts einer Institution. Es gelingt der Spagat zwischen einer direkten, ungeschönten Abbildung und einer dennoch sensiblen, respektvollen Behandlung des Sujets. In die Welt ist ein Film mit klaren Grenzen: Wenn die Geburt vorüber ist und die Eltern den Kreißsaal verlassen, dann verharrt die Kamera im Raum und die Tür schließt sich ganz schlicht vor unseren Augen. Selten erschien das Wunder der Geburt so sachlich und so spektakulär zugleich.
(Daniel Nehm, Filmkritik auf critic.de, 26.05.2009)
In die Welt
2008
Austria
88 min