Agnès Varda

Agnès Varda

* 1928, Belgien

Agnès Varda betrat, von der Photographie herkommend, das Kino als reine Autodidaktin, als filmische Primitive im besten Sinne, eine Haltung, die sich in ihrem Schaffen bis heute erhalten hat. Mit drei Filmen, entstanden zwischen 1954 und 1964, La Pointe-courte, Cléo de 5 à 7 und Le Bonheur, etabliert sie sich zwischen den Regisseuren der „Nouvelle Vague“ und den Künstlern des „Rive Gauche“ als ganz und gar eigenständige und unverwechselbare Filmemacherin. 1962 heiratet sie den Regisseur Jacques Demy, der gerade mit Lola (1960) seinen Erstlingsfilm vorgestellt hatte, einen beispiellosen Film-Meteor, ein proletarisches Melodrama in Cinemascope, das im französischen Gegenwartskino ohnegleichen war. Damit waren zwei eigensinnige, reiche, welthaltige und kinoverrückte Melodien angestimmt, zwei Tonlagen und klingende Valeurs mit den Namen Varda und Demy.

Die Filmemacherin als Chronistin und Autorin der Verwirrungen und Begebenheiten des alltäglichen Lebens, einer Pariser Straße, einer schwangeren Frau, einer verzweifelten Herumtreiberin, eines kleinen Badeorts oder einer scheinbar glücklichen Familie. Der Filmemacher als „metteur en scène“, als kinematographischer Erfinder großer, atmender, utopischer Erzählungen, von den singenden und tanzenden Schwestern in einer kleinen Provinzstadt und ihrem Traum von einem anderen Leben, von der in Amerika verschollenen geheimnisvollen Fremden und Geliebten, und von dem Märchen von einer verwunschenen, unerlösten Schönheit in einer Eselshaut.
Was für Varda die Straße ist, die Wohnung, das freie Feld, sind für Demy die Kindheit, die Farben, die Musik. Und manchmal ist alles umgekehrt. Das kleine billige Hotelzimmer und Straßencafé in La Baie des anges (1962) und die farbenprächtige, verspielte Stilisierung und filmische Pop Art in Lions Love (1969).
Die Momente einer echten Wahlverwandtschaft, an denen sich beide begegnen, ist ihre tiefe und unsentimentale Beziehung zu den sogenannten „einfachen“ Leuten, die so wenig einfach sind wie ihr Leben. Ihnen gehört von Les Parapluies de Cherbourg (1963) über Une chambre en ville (1982) bis Les Glaneurs et la glaneuse (2000) Jacques Demys und Agnès Vardas ganze Liebe, ihr Respekt und ihre Zärtlichkeit.

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