Blicklust
Manchmal frage ich mich, was ich für eine ART Filme mache + dann denke ich, es sind Horrorfilme. Mache ich Horrorfilme? 1991 bekam ich in Amsterdam einen nicht identifizierbaren und zerschlissenen Super-8 S/M-Pornofilm angeboten, der eine auf verschiedene Weise Gefesselte zeigt und ich konnte nicht widerstehen. Ich wußte, daß ich Operationsfilmmaterial hatte und ich mixte die Gefesselte mit dem OP-Material auf Konfrontation und noch einiges mehr und zu einem 2/3 found-footage Bildschub bis zum Blicklust-Ende. Die Pumping-screen Filme The Murder Mystery + Blicklust sind die beiden ersten einer geplanten sechsteiligen Serie, die Sexualität und Gewalt reflektiert und möglicherweise unter dem Titel "Dietmar Brehm Horror" zusammengefaßt werden. Titel der Fortsetzung: Party. Im Grunde genommen zeige ich in der Serie das, was ich immer im TV sehe. Das TV ist eine meiner Lieblingsquellen. Ich sehe gern fern ohne Ton und mit anderen Manipulationen. Und ich sehe pausenlos die echten und gespielten Leichen. Sie sind immer da und ich habe mich einfach daran gewöhnt, daß das TV eine Leichenpumpe ist. Die gefilterte Wirklichkeit ist mir ohnehin lieber als das Reale. Eine Entfernung ist mir lieber als eine Annäherung. Derzeit produziert Jugoslawien und Somalia einen Leichenberg, dann der nächste. Planmäßig. Der Planet ist ein Vernichtungs-planet. Die Kugel fliegt ohne Kontakt irgendwohin und rundum der Unerklärlichkeitsbereich und manchmal habe ich das Gefühl, alles ist ein Verwesungsprozeß bei lebendigem Leib und ich vermute, alle Gesellschaftsstrukturen, wie auch immer funktionierend, sind legalisierte Geisteskrankheiten. Alles müßte anders funktionieren. Parallel zur Filmarbeit, die sich mit Sexualität/Gewalt auseinandersetzt, entsteht in verschiedenen kürzeren und längeren Filmen eine Matrix, in der verschiedene cinematographische Erscheinungsweisen in der Lichtfläche untersucht werden und parallel zum filmischen sind eine Menge Über-legungen für zeichnerisches und malerisches Arbeiten auf der Fläche von Papier und Leinwand. (Dietmar Brehm)