Eine Seekrankheit auf festem Lande
Es ist eine Seekrankheit auf festem Lande. Deren Wesen ist so, daß Ihr den wahrhaften Namen der Dinge vergessen habt und über sie jetzt in einer Eile zufällige Namen schüttet. Nur schnell, nur schnell! Aber kaum seid Ihr von ihnen weggelaufen, habt Ihr wieder ihre Namen vergessen. Die Pappel in den Feldern, die Ihr den "Turm von Babel" genannt habt, denn Ihr wußtet nicht oder wolltet nicht wissen, daß es eine Pappel war, schaukelt wieder namenlos, und Ihr müßtet sie nennen "Noah, wie er betrunken war".
(Franz Kafka aus "Der Beter")
Dieser Text war Ausgangspunkt und Kompaß bei unserer Reise durch eine Stadt, die möglicherweise Berlin ist.
Die Zeit ist aus den Fugen: ein Mensch droht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Er trifft eine Frau, wird erschossen und stirbt in der Wüste unter dem gierigen Blick einer TV-Kamera.
Eine Seekrankheit auf festem Lande von Christian Frosch und Kristina Konrad neigt sich langsam nach links, dann nach rechts, schwankt von einer Seite zur anderen, begleitet von Schiffsknarren und Meeresgeräuschen und Tönen der Großstadt. In lichten, traumartigen Bildern durchmisst ein Mann, derart hin- und herbewegt, Berlin, begegnet schließlich einer wunderschönen Frau (Ursula Ofner); sie wird sein Ende sein. Ein (allzu) groteskes Finale in der Wüste.
(Christian Cargnelli)
Eine Seekrankheit auf festem Lande
1996
Deutschland, Österreich
15 min
Kurzspielfilm
Deutsch
Englisch