Eine Tradition innerhalb der Performancekunst mit wenigen Produktionsmitteln – eine Kamera und der Körper der Künstlerin – führt Lisa Großkopf mit ihrer neuesten Arbeit fort. Auch die Selbstverletzung vor dem Spiegel des Videogerätes hat eine reiche Geschichte innerhalb der feministischen Kunst, sei es zur Überwindung oder Überdeckung eines Traumas oder zur Verdeutlichung eines gesellschaftlichen Korsetts. Eindrucksvoll setzt die Performancekünstlerin ein belastendes Dogma für funktionierende Frauen in unserer Wettbewerbsgesellschaft in Szene: Glaube an dich, dann kannst du alles erreichen!
Gleich einer Soldatin beim extremen Training wiederholt Lisa Großkopf autosuggestive Formeln, um ihre Einstellung zu sich selbst zu ändern, natürlich um sie zu verbessern. Beim Rezitieren der Phrasen „Ich bin gut, so wie ich bin. Ich liebe mich, so wie ich bin. Ich bin perfekt, so wie ich bin. …“ bleibt es nicht, obwohl die affirmativen Floskeln durch ihre Wiederholung schon heuchlerisch und absurd erscheinen. Das Konzept zur gesunden Selbstliebe verkehrt sich in einen Zwang zum positiven Denken.
Gleichermaßen zwanghaft malträtiert sie ihr Gesicht mit einem Porenreiniger, einem Gerät für die Schönheitspflege, das zur Entfernung von Mitessern verwendet werden sollte. In enough reinigt Lisa Großkopf ihre Haut nicht, sondern quält sie auf höchster Saugstufe mit der gleichen Konsequenz und Ausdauer wie die Autosuggestion. Zunehmend wird ihr Gesicht dunkelrot, hervorgerufen durch Hautblutungen, wird Zeugnis einer absichtlichen Verunstaltung. Und wie bei einigen ihrer berühmten Vorreiterinnen wie etwa Marina Abramović, Orlan oder Martha Wilson wirkt der Anblick der selbst hervorgerufenen Misshandlung lange nach. (Brigitta Burger-Utzer)
enough
2025
Österreich
11 min