Nursing an idea and a baby are the same not two different acts on simultaneously the same body

Beschäftigt man sich mit westlichen Kinotheorien, kommt man an der Metapher der Platonischen Höhle nicht lange vorbei. Demnach sehen wir als Zuschauer*innen auf der Leinwand stets nur Schatten, Abbildungen und Träume einer Welt, die in der Realität woanders liegt und dort vielfältiger ist. Die „Black Box“, „das Unsichtbare Kino“ des österreichischen Filmmuseums will es ihrem Publikum erleichtern, sich nicht umzudrehen, um nach dieser Realität zu suchen, deren Ausschnitte repräsentativ über die weiße Wand flirren. Christiana Perschons aus wenigen Einstellungen bestehender Film spielt mit diesen etablierten Blickanordnungen des Kinodispositivs. Vor einer weißen Leinwand fragen ihre Bilder: Welche Lebensrealität eröffnet sich (k)einem Publikum?

Es beginnt mit einer Totale auf den leeren Publikumsraum des Filmmuseums. Auf der Tonebene sind Gespräche zwischen Müttern und Kindern zu hören. Dann werden die Schatten von Müttern, die ihre Babies auf einem Tisch vor der Leinwand wickeln sichtbar, gefolgt von ihren beleuchteten Körpern direkt vor der Kamera, ihre Schatten nun hinter ihnen. Die unbezahlte Sorgearbeit, die sich in durchgehenden Einstellungen vor den Augen des Filmpublikums abspielt, löst sich durch eine Umkehrung des Blicks aus ihrem Schattendasein. So wird die Realität dieser Arbeit, nach der sich die Kinomacher und -theoretiker in ihrer metaphorischen Höhle historisch betrachtet selbst kaum umdrehten, sichtbar. Der kapitalisierte Kinoraum, der zwar das Reflektieren über die Welt anregen will, zugleich aber mitentscheidet, welche Gedanken darin Platz finden sollen, wird neu besetzt. Die zwei gesellschaftlich getrennten Sphären führt Perschon raum-bildlich und auch in ihrem Titel zusammen: Kultur- und Sorgearbeit, Performance und Fürsorge werden durch die Person, die sie ausführt, eins – und beklatscht, wenn eine von den vielen noch folgenden neuen Windeln sitzt. (Bianca Jasmina Rauch)