Bürglkopf

Auf 1.300 Metern Höhe befindet sich das Rückkehrzentrum Bürglkopf weit abgelegen auf dem gleichnamigen Berg in Tirol. Menschen im Asylverfahren sollen dort mit Rückkehrberatung, vor allem aber unter dem Druck der Isolation, zur Ausreise aus Österreich bewegt werden. Die idyllische Alpenlandschaft wird zum Schauplatz eines bizarren Aufeinandertreffens von Geflüchteten, Dorfbewohner:innen und Tourist:innen, denn die nächstgelegenen Berge in Kitzbühel dienen vor allem dem Wintersport. Während hochmoderne Gondeln Urlauber:innen aus aller Welt auf die Gipfel befördern, müssen die Bewohner des Bürglkopfs drei Stunden Fußweg auf sich nehmen, um vom Lager ins Tal zu gelangen. Der Film gibt einen Einblick in die europäische Abschottungspolitik, die in Rückkehrzentren und Abschiebelagern gipfelt. (Produktionsnotiz)

„Wenn ich jemandem erzähle, wo ich hier bin, glaubt mir keiner,“ sagt ein Kurde. Irgendwo in den Tiroler Bergen, in einem einsam daliegenden Gebäude und von einer privaten Sicherheitsfirma bewacht, liegt das Rückkehrzentrum Bürglkopf, im Volksmund „Abschiebezentrum“, des österreichischen Innenministeriums.

Jene Männer, die am Bürglkopf untergebracht sind, haben ein offenes oder abgelehntes Asylverfahren und sollen zur Ausreise aus Österreich bewegt werden. Am Bürglkopf, ist auf einer Website für Outdoor-Aktivitäten zu lesen, finde man viel Ruhe und einen schönen Aussichtsgipfel. Jedoch: der Mensch lebt nicht von frischer Luft allein. Im Leben braucht es eine Perspektive.

Lisa Polster bekommt keine Genehmigung, am Gelände des Rückkehrzentrums zu drehen. Sie bleibt beharrlich, telefoniert nach, nähert sich dem Zentrum, bis sie barsch zurückgewiesen wird. Ihre Protagonisten trifft sie auf saftigen Almwiesen neben Kuhweiden („siehst du die Kuh? Sie lebt besser als wir!“) oder im Wald, wo sie nach einer guten Internetverbindung oder Eierschwammerln suchen. 

Bürglkopf stellt in seiner intelligenten Montage aus Gesprächen mit Asylwerbern und kurzen Interviews von Einheimischen (einem Schafbauer, einer Wirtin, einem Pfarrer) dar, wie ein Problem geographisch aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit gehoben werden kann. Einer Öffentlichkeit, der auf Nachfrage natürlich klar ist, dass sich die politische Parole von Integration, in einer Zone, in der die Bevölkerungsdichte hart gegen Null tendiert, ad absurdum führt. Am besten, so hat es den Anschein, sollten sich die Männer oben am Bürglkopf in gute Luft auflösen. Auf den Gondeln, die über ihre Köpfe auf den Aussichtsgipfel schweben, stehen schöne Worte: „tolerance“, „solidarity“, „respect“. (Anna Katharina Laggner)

Orig. Titel
Bürglkopf
Jahr
2024
Land
Österreich
Länge
78 min
Regie
Lisa Polster
Kategorie
Dokumentarfilm
Orig. Sprache
Somali, Arabisch, Dari, Deutsch, Englisch
Untertitel
Deutsch, Englisch
Credits
Regie
Lisa Polster
Kamera
Jasmin Schwendinger
Musik
Lena Radivoj
Ton
Alexander Worsch, Tim Andersen, Jonas Albani
Montage
Maira Vazquez Leven
Produzent*in
Lisa Polster, Konrad Schlaich
Co-Produzent*in
Lena Zechner
Mit Unterstützung von
BMKOES, Wien Kultur MA 7, Land Niederösterreich, Land Tirol, Otto Mauer Fonds, Drehbuchforum Wien
Verfügbare Formate
DCP (Distributionskopie)
Bildformat
2 : 1
Tonformat
Dolby 5.1.
Farbformat
Farbe