Spheres
Ein einzelner Mensch steht mit beiden Füßen fest auf dem Boden inmitten eines grünen Feldes. Mit seinem ganzen Körper Schwung holend, wirft er eine Holzlatte in den Himmel, die schnell am Horizont verschwindet. Die Kamera beginnt sich zu drehen, um verschiedene Ansichten zu erfassen: ein kleines Dorf, eine verlassene Bank, ein Lagerfeuer, ein See. Die Kamera schwenkt weiter und konzentriert sich wieder auf den Mann, als ihn plötzlich die Holzlatte am Hinterkopf trifft und seinen Schädel durchbohrt. Der Held stirbt. Weit davon entfernt, ein unausweichlicher Höhepunkt des Lebens auf der Leinwand zu sein, stellt der Tod im Prolog von Daniel Zimmermanns Spheres den Beginn einer metaphysischen Reise für den Protagonisten dar. Die tödliche Verletzung setzt seine existenzielle Sinnsuche und eine radikal neue Art des Denkens und Fühlens in Gang, indem er in einen Pool seines Bewusstseins transzendiert wird.
Jede Umdrehung der Kamera wird in Spheres zu einem eigenen empirischen Raum. In Anlehnung an Zimmermanns vorangegangenen Film Walden nutzt Spheres 360°-Sequenzen nicht nur, um die Zuschauenden mitten ins Geschehen zu versetzen und alles, was ihnen begegnet, festzuhalten, sondern auch, um zehn immersive Erfahrungsräume zu schaffen, in denen sich bewusstseinserweiternde Praktiken abspielen. In diesem filmischen Unterfangen nutzt Zimmermann in Zusammenarbeit mit den eingeladenen Künstler*innen und Performer*innen (Robert Steijn, Lilach Pnina Livne, Linda Samaraweerová, Dana Michel und Yoan Sorin) die 360°-Bühne, um ihre künstlerischen Praktiken, die sich mit Spiritualität und schamanistischen Ritualen beschäftigen, in eine filmische Erfahrung über existenzielle Themen zu übersetzen.
Während die Kamera weiterschwenkt, entwirft der Film verschiedene Parabeln, die unter anderem die alte Logik der Beobachtung, die Beziehung zwischen Körper und Terrain sowie die Umkehrung der Hierarchie und den Verlust von Macht befragen. In den 90 Minuten seiner Laufzeit bewegt sich Spheres ungehindert durch verschiedene Stadien der narrativen Entwicklung, ähnlich denen der transzendentalen Meditation, bevor er in der Katharsis kulminiert und dadurch eine neue Perspektive gebiert. Alte Erinnerungen werden auf dem Wasser verbrannt, während sich der Protagonist von der Vergangenheit verabschiedet und mit seinem ersten Versuch eines Tanzes mit Holzleisten endlich (wieder) in die Welt eintritt. (Sevara Pan)
Spheres
2024
Schweiz, Österreich
90 min