Revolving Rounds
Revolving Rounds ist eine Annäherung und Drehung um eine Erbsenpflanze.
Die Erbse ist Protagonistin eines künstlerisch-experimentellen Forschungsprojekts, Unstable Bodies, einer Reihe von Versuchen über räumliche Wahrnehmung und deren Bezugssysteme als spekulative Korrespondenz mit Pflanzen.
Die Arbeit dreht sich dabei um Mechanismen des Sehens, stereoskopische Verfahren und Film: dabei werden die Betrachter Teil einer Übersetzungsbewegung von einem Ort der Kultivierung der Erbse auf eine Adaption eines historischen autostereoskopischen, kinematografischen Apparats, dem Cyclostéréoscope, hinzu und durch die chemische Komposition des betrachteten Filmstreifens selbst.
Die zeitlichen und physischen Hindernisse, die sich aus den unterschiedlichen Maßstäblichkeiten von Mensch und Pflanze zu manifestieren scheinen, werden mit filmischen Mitteln zerlegt. Die Suche nach pflanzlichen Signaturen des Seins-in-der-Welt wird durch die Auflösung, das Durchdringen des Filmkorns, zum unerwarteten räumlichen Erlebnis des Betrachtens an sich. (Christina Jauernik)
Wie der Titel schon nahelegt, ist Revolving Rounds ein zyklischer Film. Zyklisch in Form und Inhalt. Johann Lurf und Christina Jauernik haben in 3D auf einer Agrarfläche am Stadtrand von Wien gedreht. Der kurze Film endet dort, wo er begonnen hat. Eine aufgehende Sonne erstrahlt über der Landschaft, während sich die Kamera auf drei Gewächshäuser zubewegt. Mit einer Reihe von Jump Cuts nähert sich der Film den Gebilden (mehrere Veränderungen setzen Akzente: zuerst nur des Lichts, schließlich auch des Filmmaterials, von 35 auf 16mm). Die beiden sychronisierten Kameras erreichen eine Position vor dem rechten der drei Gewächshäuser. Dann gehen sie hinein, und treffen auf zwei 16mm-Projektoren und ein Cyclo-Stéréoscope, die zuerst noch im Hintergrund auszunehmen sind.
Das Cyclo-Stéréoscope ist ein Gerät, das Mitte des 20. Jahrhunderts erfunden wurde, um mit Hilfe eines rotierenden Lamellen-Rasters ein autostereoskopisches 3D zu erzeugen, für das man keine gesonderten Brillen brauchte. Heute sieht es aus wie ein Gerät aus der industralisierten Landwirtschaft, oder wie ein vormoderner Kreiselheuer. Lurf und Jauernik spielen mit diesen Entsprechungen, indem sie raumzeitliche Interventionen sowohl mit dem Gerät wie auch mit dem Motiv vornehmen, dass es mit seinem drehenden Bildrahmen zeigt: eine Erbsenpflanze. Wieder arbeiten sie mit abrupten Schnitten – dieses Mal zwischen Dämmerung und Zwielicht und Zwielicht zu vollständiger Dunkelheit. Und in diesem Moment erwachen die Projektoren zum Leben. Auf dem Cyclo-Stéréoscope erscheinen Bilder von der Pflanze. Die zudringlichen Kameras von Lurf und Jauernik durchbrechen die Distanz zu den projizierten Bildern. Sie lassen deren Lesbarkeit und Bedeutungsebene hinter sich und erreichen einen Raum des Bildkorns, der aber immer noch räumlich messbar ist: der Wesenskern der natürlichen Welt trifft auf die chemische Zusammensetzung des Filmstreifens. Der Bildausschnitt weicht wieder zurück, und wir finden uns dort, wo wir zu Beginn waren: im Licht des Tages, auf einer Bewegung im Raum, in der Zeit, in der Wahrnehmung. Ein Gang ins Feld in jeder Hinsicht. (Jordan Cronk)
(Übersetzung: Bert Rebhandl)
Revolving Rounds
2024
Österreich
11 min