Blind Date 3.0

Die Kurzfilme von Jan Soldat, in denen Männer in privaten Räumen sexuelle Aktivitäten ausführen, bilden ein filmisches Archiv körperlicher Begegnungen. Sexualität fungiert hier weniger als Marker von Identität denn als kollektive Alltagstechnik, die auf kommunikativer Aushandlung beruht. Die körperlichen Begegnungen muten dabei wie selbstlose Gesten an: einer hilft dem anderen dabei, ein Bedürfnis zu stillen. Dabei dienen aber weder Vorstellungen romantischen Begehrens, hetero- und homonormativer Erotik noch die erregungsorientierte Ästhetik des Pornographischen als Kontrastfolie. Vielmehr lenken die kurzen Filme die Aufmerksamkeit liebevoll auf die Störungen der potentiellen Inszenierung (oder der Inszenierung von Potenz) und auf die Awkwardness des Wechsels vom Sprechen zum Beischlafen. Sie zeigen, dass Sex ein zutiefst unromantisches Bedürfnis sein kann, ein Moment des empathischen Sich-Öffnens und Einlassens auf einen zufälligen Anderen.

Blind Date 3.0 ist der dritte Film in der Serie Blind Date, in der sich Männer zu Sexdates verabreden. Der Gast ist pünktlich. Ein Glas Wasser wird zur Begrüßung offeriert und ein paar Floskeln werden ausgetauscht, bevor der Sex beginnt. Gesprochen wird wenig, wobei das, was gesagt wird, der Sorge um den anderen gilt: „Alles okay bei Dir?“ Statt der Zigarette danach, gibt es noch ein Glas Wasser und man teilt das Bedauern darüber, keinen Zugang zu stärkeren Drogen zu haben, um „länger spielen zu können.“ „Wir sind zu anständig“, sagt der Gast und der Gastgeber pflichtet ihm seufzend bei. Die Rahmung der filmischen Bilder stellt subtil die Grenze zwischen privat und öffentlich zur Schau. Die privaten Gegenstände verraten dabei aber ebenso wenig über den Gastgeber wie die lakonische Behauptung der Anständigkeit uns den Gast vollständig erklärt. So sehr die Kamera den beiden Männern auf den Leib rückt, so sehr bleiben die beiden Protagonisten Geheimnis. Das ,Blind Date‘ als Versprechen einer Begegnung auf Augenhöhe, bei der die Kamera zur Komplizin wird. (Nicole Kandioler-Biet)