Wenn ich mich zeichne, existiere ich dreifach
In ihrem neunzigsten Lebensjahr setzt sich die Malerin und Zeichnerin Florentina Pakosta für meinen Kamerablick vor den Spiegel, der Jahrzehnte lang als Werkzeug für ihre Selbstbildnisse diente. So wie Pakostas Zeichnungen damals als Beweis ihrer Existenz entstanden sind, hält unsere filmische Begegnung nun die Gesten und Blicke im Spiegelbild der bildenden Künstlerin als performativen Akt der Selbstvergewisserung fest. Wenn ich mich zeichne, existiere ich dreifach ist Teil meines Filmzyklus, der Denk- und Arbeitsweisen einer in Wien lebenden älteren Künstlerinnengeneration aufgreift und ein performatives Archiv schafft. (Christiana Perschon)
„Die Freiheit wird einem nicht gegeben, man muss sie nehmen“. Was einst Meret Oppenheim proklamierte, kann auch als verbindende Maxime jener Generation an Künstlerinnen gelten, der Christiana Perschon seit 2014 einen Filmzyklus widmet. Kein Porträt gleicht dabei dem anderen, Perschons filmische Annäherung an ihre „Wahlverwandten“ ist Ergebnis einer empathischen Kollaboration, die ihre Form je neu finden muss. In Wenn ich mich zeichne, existiere ich dreifach richtet sich ihr Kamerablick auf die Malerin und Zeichnerin Florentina Pakosta, die sich vor ihrem Spiegel, der jahrzehntelang als vermittelnde Instanz ihrer Selbstbildnisse diente, mit einer grotesk überschminkten Maske sitzend selbst beim Sehen zusieht. Eine Vervielfachung des Blicks ist die Folge: wie sehr konstituiert sich Identität erst im Blick der anderen? Was Pakosta im Film als unumgängliches Mittel der Selbstvergewisserung im einstigen Kampf um gesellschaftliche und künstlerische Unabhängigkeit beschreibt – ihre künstlerische Selbstbespiegelung – gerät auf visueller Ebene, eingefasst in streng kadrierte Bildausschnitte, innerhalb derer sich Pakosta in die Rahmungen von Spiegeln und Gemälden einschreibt, zum performativen Befreiungsschlag der mittlerweile 90-jährigen Künstlerin. Es ist dies eine Hommage an eine feministische Pionierin (1975 wurde sie als eine der ersten Frauen in den Vorstand der Secession gewählt), die sich den nötigen Freiraum geschaffen hat, über ihr eigenes Bild zu bestimmen. Selbstbestimmt, kokett und spielerisch vermag sie zwischen verschiedenen Posen und Masken als Verwandlungen ihrer Selbst zu wählen und sich auf diesem Weg immer wieder neu zu erfinden. Lapidar heißt es am Ende auf Nachfrage Pakostas: „Die Kamera läuft, die ganze Zeit“. Gelächter. (Heike Eipeldauer)
Wenn ich mich zeichne, existiere ich dreifach
2023
Österreich
12 min