the tuner

Verhüllt und eigenwillig deplatziert steht da ein Steinway-Flügel inmitten kargen Büroambientes. Auf das unpacking folgt die erste Inspektion: „Ich glaube, er hat alle Voraussetzungen“, spricht der Experte – vielleicht der Beste seiner Zunft – und geht ans Werk. Stück für Stück wird er fortan das Innenleben des Klaviers freilegen, reinigen, vermessen. Hämmer schlagen auf Saiten, Dämpfer, Tasten und Stimmwirbel werden hingebungsvoll optimiert, festgezogen, auseinandergenommen und in Millimeterpräzision wieder zusammengeführt. Jeder Handgriff sitzt, jede unnötige Störung scheint im Vakuum des weltfernen White Cube absorbiert. So wird das Hören des Klavierstimmers sicht-, seine fachliche Meisterschaft erfahrbar: ruhig, konzentriert und beinahe meditativ. Analog zum besonnenen Professionisten ist auch die Filmemacherin ganz in ihrem Element. Das vorgeblich simple Setting im obersten Stockwerk des Firmensitzes eines Tiroler Brennstoffherstellers erweist sich durch ihren Zugriff als spielerisch doppelbödiger Dialog. Zunehmend rücken – charakteristisch für Sasha Pirker – Architektur und auch die umliegende Gipfelwelt ins Bild. Während sich der Blick vom neugierigen Close-up also ins Außen weitet, gibt sich die nur vermeintliche Handwerksobservation als verschmitzte Jelinek-Reminiszenz zu erkennen. Sowohl in the tuner als auch in Die Klavierspielerin haben die „Irren“ den Flügel nämlich in luftiger Höhe aufgestellt – und voll köstlichem Größenwahn lässt Pirker diesen tatsächlich momenthaft gen Himmel entschweben. Einzig vom Keuchen des Jelinek’schen Klavierstimmers bleibt im Film keine Spur: von Repetition unbeeindruckt interpretiert der moderne Sisyphos Korrektur als Leidenschaft. Film und Handwerk: Prozess ohne Ende. (Sebastian Höglinger)

Orig. Titel
the tuner
Jahr
2023
Land
Österreich
Länge
13 min
Regie
Sasha Pirker
Kategorie
Experimental
Orig. Sprache
Deutsch
Untertitel
Englisch
Credits
Regie
Sasha Pirker
Kamera
Sasha Pirker
Schnitt
Sasha Pirker
Tonmischung
Andreas Pils
Mit Unterstützung von
Albert Gutmann
Farbkorrektur
Kurt Hennrich
mit
Stefan Knüpfer
Originalton
Lukas Klestil
Verfügbare Formate
DCP 2K flat (Distributionskopie)
Bildformat
16:9
Tonformat
5.1 surround
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
Farbe
Festivals (Auswahl)
2023
Viennale - Vienna Int. Film Festival
2024
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films