Godsterminal
Ein Film wie eine Sensibilisierungstherapie. Tief atmen, Steine schmecken. Lichtreflexe markieren den Übergang in die Welt der Träume und der Phantasie. Das Gesicht von Edward Weki, einem 75-jährigen Sudanesen, der an Parkinson leidet, erscheint wie eine Landschaft, sein graumeliertes Barthaar wie das Fell eines Gotlandschafes. Bergmaneske Geister erscheinen an Wekis Krankenbett. Alma, eine Wiedergängerin der gleichnamigen Krankenschwester aus Ingmar Bergmans Film Persona, sowie eine weibliche Version des Todes aus Det sjunde inseglet helfen ihm, verlorene Erinnerungen aufzuspüren. Kleine Dinge, zwei Steine, ein Angelhaken, vermitteln zwischen Mensch und Landschaft und dienen als Träger von Geschichten, wie Zeitkapseln oder Hörmuscheln.
In Anbetracht von Alzheimer und Demenz rückt das biografische Gedächtnis als Ich-konstituierendes Element verstärkt in den Fokus. Möglicherweise haben Traumata und Schuldgefühle die Bilder und Emotionen des Protagonisten verschüttet. Edward Weki spielt um sein Leben, nicht Schach, sondern Abanga, ein afrikanisches Brettspiel mit Murmeln. Wie schon der Kreuzritter bei Bergman will auch er den Aufschub nutzen, um seine Isolation zu durchbrechen und mit geliebten Menschen ins Reine zu kommen. Und der Tod? Der sehnt sich nach der Sterblichkeit.
Georg Tiller hat das Drehbuch gemeinsam mit seinem Hauptdarsteller entwickelt. Er hat immer wieder und über einen Zeitraum von zwölf Jahren auf der Bergman-Insel Fårö gedreht. Seine Bilder der archaischen Raukas, von Steinen und Gischt verkörpern die Präsenz des Vergangenen in der Gegenwart und zugleich dessen Vergänglichkeit. (Kristina Jaspers)
Godsterminal
2024
Österreich, Schweden
90 min