Loving in Between
Folks, I’m telling you,
birthing is hard,
and dying is mean–
so get yourself
a little loving
in between.
(Advice, Langston Hughes)
Jyoti Mistrys letzter Eintrag für ihr Triptychon schöpft (s)eine Inspiration aus Langston Hughes Gedicht „Advice“ und feiert queere Sexualität und „loving.” Nach der Auseinandersetzung mit Rassisierung Schwarzer Männlichkeit und rassistischer Gewalt („When I Grow Up I Want To Be A Black Man“) beziehungsweise intersektionellem Sexismus und Feminizid („Cause of Death“) schafft Mistry nun ein optimistisches, ja fröhliches und affirmatives Archivuniversum. Die nahezu das gesamte 20. Jahrhundert umspannenden Bilder aus verschiedenen europäischen Filmarchiven (vorrangig: Eye Film Museum Archive, Amsterdam), erlangen durch das dekonstruierende – queerenden – Verfahren Mistrys eine wunderschöne Selbstverständlichkeit, so, als ob die Aufnahme homosexueller Männer und Frauen und In-Betweens in das institutionalisierte kulturelle Gedächtnis des Bewegtbildes das Normalste der Welt wäre. Mistrys präzise Filmdramaturgie zieht Bögen von Vulkanausbrüchen zu Strandszenen (Sex in den Dünen), von sexuellen Begegnungen in öffentlichen Bedürfnisanstalten (Klappensex) zu verbotenen Nonnenküssen im Kloster, von privaten Parties und Gelagen auf Fellteppichen zu Tanz im Boxring und einer abschließenden, wilden von Busby Berkeley inspirierten Musikkabarettnummer zum Jazzstandard „Diga Diga Doo“ aus 1928. Mistry strukturiert ihren hoch-pointiert montierten Film mit digitalen Animationselementen – durchs Bild fliegende Schwärme von Vögeln, Fischen, Blättern, Muscheln – sowie einem von Kgafela oa Magogodi und Napo Masheane performten Text. (Die beiden spoken-word Künstler_innen haben mit der Filmemacherin gemeinsam das Script entwickelt.) Mit Kara Keeling können wir Mistrys Trilogie-Abschluss als Aufnahmen queerer Zeit (Vergangenheit) lesen, die mithilfe neuer (Medien)technologie eine Erschließung von „queer times, Black futures“ ermöglichen, und so eine Zukunft eröffnen, in der bislang undenkbare Imaginationen herbeigezaubert werden können. (Andrea B. Braidt)
Loving in Between
2023
Österreich, Südafrika
18 min