Valley Pride
Verkehrtherum schwebt das vermeintlich extraterrestrische Kameraauge durch einen streng geradlinig bepflanzten Palmenhain. Die Natur steht sprichwörtlich Kopf und als Planspiel in artifizieller Ordnung. Erst zum groß- und fremdartigen, vibrierend schwelenden Score von Jung an Tagen richtet sich der Blick langsam im Uhrzeigersinn. Dann ein Schnitt: Ruhe, Weite.
Valley Pride steht da irgendwann inmitten der kalifornischen Wüste auf überdimensionalem Wellblech zu lesen, die Bezeichnung eines der wichtigsten Nutzräume US-industrieller Landwirtschaft. Ein Ort der Unwirtlichlichkeit, der durch Lukas Marxts unverkennbaren Zugriff zunehmend seiner bizarren Widernatürlichkeit überführt wird. Bildgewaltig fotografiert zeugen die monokulturelle Agrar-Symmetrie und ihr Bewässerungs-Ballett von der Selbstauslöschung des Menschen im Dienst steter Profitorientierung – auch wenn die notgedrungen anonymen Arbeiter*innen in Marxts vierter Annäherung an das Imperial Valley ins Bild zurückkehren. Unter dem Damoklesschwert unklarer Aufenthaltsstatus und einer rigiden bis ignoranten US-Immigration-Policy müssen die persönlichen Schicksale und Geschichten dahinter unerzählt bleiben. Die Menschen sind das kleinste Rad im Gewerk der gigantischen, auf Optimierung getrimmten Agrarmaschine, die ökologische wie ethische Maßstäbe unter den unnachgiebig schaufelnden Pfluggeräten begräbt. Vor sich endlos auftürmenden Gesteinsformationen und hitzebedingt tänzelnden Luftspiegelungen düngen, ernten und verpacken sie Salatköpfe in quasi-automatisierter Routine. Fast verwundert beobachtet das Kameraauge diese Geschäftigkeit an einem begrünten Ort, an dem kein Grün vorgesehen war. Ein Ort, an dem Fruchtbarkeit und Tod demnach gnadenlos aufeinanderprallen und die drohende Katastrophe – sozial, wirtschaftlich, ökologisch – in jedes noch so unschuldige Bild mit eingeschrieben ist. Schönheit trifft hier auf Verfall und Ausbeutung als menschgemachte Dystopie. Auch das ist Valley Pride – ein Stolz mit Ablaufdatum. (Sebastian Höglinger)
Valley Pride
2023
Österreich, Deutschland
15 min