Afterlives
Meeresrauschen, Wellen – und ein darin schwimmender gelber Plastikstab. Ein Bild, das inzwischen wie ein allegorischer Gemeinplatz des Anthropozäns wirkt, bildet den Auftakt von Michael Heindls Afterlives. Es geht darin um das Nachleben von allerlei Kunststoffobjekten, die – dem Konsumprozess entzogen – oft weite Reisen zurücklegen, um schlussendlich im Meer zu landen. In diesem Fall hat der Regisseur an der Küste Tansanias angespülte Abfallreste, meist hochwertiges bzw. nach wie vor intaktes Plastik, aufgesammelt, um sie an ihre fiktiven Ausgangsorte zurückzutragen. In Afterlives sind dies teils unscheinbare, teils geschickt präparierte Alltagszusammenhänge im urbanen Raum von Wien, das hier pars pro toto für die westliche Verschwendungs- bzw. Wegwerfgesellschaft steht.
Mit pointierten Eingriffen legt Heindl deren Funktionsweise frei, indem er ausgewählte Kunststoffteile in die vermeintlich reibungslosen Abläufe des öffentlichen Lebens einspeist. Ein sandiger Tennisball blockiert eine U-Bahn-Tür, ein Schlauchteil an einem Brunnen lässt Wasser über den ganzen Platz davor rinnen, eine Sandale bringt ein rotierendes Firmenschild zum Quietschen. Alle diese Interventionen, die Afterlives in einem reibungsvollen Stakkato aneinander montiert, markieren ein inventives Zurückholen des Überflüssigen und Unnützen. Kleine alltagsdadaistische Akte, die zugleich einer Wiederkehr des einst mit hohem Energieaufwand Produzierten, des in Folge weitgehend unbedacht Konsumierten und später dann achtlos Weggeworfenen Ausdruck verleihen. Als ließe sich ein Bewusstsein über die grundlegende Schieflage unseres (Einweg-)Wirtschaftssystems einzig über kreative Irritationen im durch und durch Gewohnten herstellen. Auch wenn die Abfallberge realiter nicht mehr unter Kontrolle zu kriegen sind, gilt es, wie Afterlives erfinderisch darlegt, mental-imaginär einen Neuanfang zu setzen. (Christian Höller)
Afterlives
2022
Österreich, Tansania
3 min 25 sek