Cave Painting
In Siegfried Fruhaufs traumähnlicher Etüde erscheinen menschliche Spuren aus einer unvorstellbar weit zurückliegenden Zeit als intensivierte Vision des Ursprungs der Malerei. Cave Painting geleitet uns zu realen, zivilisatorisch überformten Naturphänomenen. Ein sphärisch anmutendes Gewitter aus Einzelbildern führt uns an eine Felswand heran, deren Inneres sich pulsierend öffnet. Die schwindelerregende Expedition entlang von Gesteinsstrukturen und Hohlräumen wird zunehmend von Farben, Lichtkontrasten, dreidimensionalen Effekten und Bewegungsillusionen bestimmt. Fruhauf feiert die Filmleinwand frei nach Robert Smithson, nämlich als Ort flackernder Erscheinungen, deren unscharfe, schwebende Wahrnehmung einer bestimmten Umgebung geschuldet ist. Er begreift das Kinoerlebnis als Höhlenforschung.
In einer virtuosen Verdichtung photochemischer Aufnahmen abstrahiert der Filmemacher von Abbildern des Vorgefundenen oder auch bereits Reproduzierten, die er zur imaginären Erkundung einer Tropfsteingrotte verformt. Im geradezu organisch anmutenden Inneren der Höhle tauchen Handnegative auf, die ältesten Zeugnisse von Kunst. Im Gegenzug erzittern schwarze Abdrücke als manuelle Signatur der Gegenwart. Auf Film gekratzte Zeichnungen und Lichtmalerei sind des Künstlers physischer Einsatz im Tanz mit vorzeitlichen Darstellungen. In einem Feuerwerk digitaler Animation erscheinen fantastische Konturen vertieft, solarisiert, rotierend, einander überlagernd. Zwischen den Bildschichten blitzen schließlich die berühmten „Gepunkteten Pferde“ auf, als ferner Widerschein eines steinzeitlichen Höhlengemäldes. Wir erahnen das Glück der Archäologie: Jedes materielle Element eines Fundes kann ganze Welten enthalten und zusammen mit anderen Fragmenten ungeahnte Vorstellungen erwecken.
(Christa Blümlinger)
Cave Painting
2023
Österreich
14 min 30 sek