Ertrunken
„Als sie ertrunken war und hinunter schwamm von den Bächen in die größeren Flüsse“. Die unausgebildete, berührende Stimme der Filmemacherin singt das 1920 entstandene Brecht/Weill-Lied. Keine Atmo, es ist ein anderer Raum, in dem dieses Lied stattfindet. Pflanzen am Ufer, bewegt durch fließendes Wasser. Die Hand der Filmenden hält den Titel ERTRUNKEN DROWNED. Friedl vom Gröller überschreitet die unsichtbare Wand zwischen aufzeichnender Person und dem gefilmten Objektsubjekt immer wieder. Gestisch. Welche Verbindung, welcher Dialog stellt sich ein beim Filmen her, welche Selbstvergewisserung, welcher gemeinsame Rhythmus, welche Auflösung?
Das Wasser ist reißend, schnell gefährlich. Da treibt jemand. Ein Gestalt, vom Wasser getragen, so kurz und momenthaft wie das Lied ausführlich von der Dauer des Zerfalls erzählt. Die Plastizität des Wassers, ein Glitzern am Rand. Der Schaum im Wasser bildet Moiré-Strukturen, in Bewegung und Auflösung, während der Song sich immer mehr den Zersetzungen des Körpers zuwendet. Schaum und Gärung, organische Mikro- und Makrostrukturen, enzymatische Prozesse. Von Vergänglichkeit zu reden wäre ein Euphemismus. Die (un)angreifbare Einheit des Körpers, innen und aussen. Materiell und metaphysisch. Am Schluß erscheint Friedl vom Gröller im Abspann, ihr Antlitz unter Wasser. (Madeleine Bernstorff)
Ertrunken
2022
Österreich
3 min