Upwards Tide
Magische Mondträumereien, über vier Jahre jeweils zu Vollmond gefilmt. Dieses schimmernde Bewegtbildpoem kombiniert in flüssigen Übergängen Bilder vom Salzwassersee Loch Carron in den schottischen Highlands mit üppigen Wiener Wäldern. Die beiden Orte vermischen sich, verschwimmen ineinander, ebenso wie der Film (auf prächtig veralteten Analogfilm gebannt) frei zwischen menschlichen Körpern und Wassermassen hin und her pendelt. Metaphysisch, im Wandel, transformativ.
(Neil Young, VIS)
Der Mond oder La Luna: der italienische Name des Erdtrabanten passt mit seiner weiblichen Form besser zu dem Experimentalfilm Upwards Tide von Daniela Zahlner, in dem dieser als Aufhänger einer träumerisch-magischen Filmcollage dient. Die ersten Bilder rücken den strahlenden Vollmond am nächtlichen Himmel ins Bild. Ob es der Mond ist, der wandert, oder die Hand, die wackelt, lässt sich schwer sagen, aber es wirkt, als würde uns der hell leuchtende Punkt am nächtlichen Himmel gerne eine Botschaft vermitteln. Irgendwann fällt der Mond aus dem Bild und es rückt ein weiterer nach – dicht gefolgt von einem dritten und vierten Mond.
Mit diesem surreal-spielerischen Intro sind die Gesetze des Universums schon mal aus den Angeln gehoben und das Publikum auf einen Film vorbereitet, der mit der Macht des Mondes spielt. Das atmosphärische Filmmaterial hat die Künstlerin zwischen 2017 und 2021 in Vollmondnächten und -tagen aufgenommen – an den Salzwasserufern von Loch Carron, in den Hügeln von Kishorn in Schottland und den Wäldern bei Wien. In die anfänglich nächtliche Stille bricht irgendwann Meeresrauschen und die Kamera führt weg vom Firmament hin zu einem Körper, der vom Mondlicht beschienen ist: Die Kamera fokussiert einen Bauch, der sanft atmet, und plötzlich findet man sich in einem Innenraum wieder, wo eine nackte Frau rücklings auf einem Lehnsessel liegt. „Do you remember how I felt, how my body felt”, flüstert eine Stimme parallel zu einem leisen, rhythmischen Summen, das die Bilder des Frauenkörpers erotisch auflädt. Gleichzeitig lässt Zahlner in ihrer „magical lunar reverie“ keinen Zweifel daran, dass die Frauen hier nicht nur das Objekt, sondern auch das Subjekt der Träume sind: So blickt man etwa durch eine Körpersilhouette auf eine Landschaft oder kriegt den Nabel und intimere Körperteile nur abstrahiert, etwa dicht aneinandergeschmiegt, präsentiert. Im Zusammenspiel sehr verschiedener Bilder verdichtet Zahlner eine sehr sinnliche, teils verrätselte Stimmung: Man muss auch nicht alles verstehen, um zu spüren, dass hier zwischen Mond, Frauenkörper, Geräuschen und Naturbildern viel Energie übertragen wird.
(Christa Benzer)
Upwards Tide
2022
Österreich
5 min 30 sek