The Artist in the Machine
Form, sagt man mitunter, sei wie ein maschinelles Gerüst, das erst von einem entsprechenden Inhalt zum Leben erweckt wird. Auch architektonischer Form kann etwas Starres anhaften – so lange sie nicht künstlerisch (oder alltagspraktisch) „animiert“ wird. Was aber, wenn diese Animierfunktion selbst in die Maschine ausgelagert wird? Was, wenn der künstlerische Prozess an Rechenvorgänge delegiert wird? Ist das weniger kreativ als ein von Menschen ersonnenes Ergebnis, oder wird hier womöglich ein „Mehr“ an Kreativität ersichtlich?
Claudia Larcher geht diesem Fragenkomplex anhand einer von ihr entworfenen Versuchsanordnung nach. Ein selbstlernendes neuronales Netz – oder besser gesagt zwei, bestehend aus einem ‘Generator’ und einem ‘Diskriminator’ (zusammen „GAN“ genannt) – hat sie mit den Daten ihrer Collagenserie Baumeister (2011–2021) gefüttert. Das Programm namens „Artificial Assistant No. 2“ soll davon ausgehend Werke kreieren – und macht das bravourös! Anfangs meint man noch, eine feste Struktur (in Form einer gräulichen modernistischen Fassade) entstehen zu sehen. Doch schnell ist Schluss mit solch altbackenen Illusionen. Unentwegt dehnt, verzerrt und wölbt der gewitzte Geist in der Maschine das Bild, das einfach nicht zur Ruhe kommen will. Auch im zweiten Anlauf will hier nichts wirklich „Form“ werden – oder wenn, dann nur zu einer, die jenseits allen formalistischen Denkens liegt. Dazu trägt auch der auf das unbeständig wabernde Bild abgestimmte – per „Assistenten“ namens Dynascore und Imaginary Soundscape davon abgeleitete – Soundtrack bei. Es hämmert und fiept, trötet und murmelt – während der digitale Baumeister, der hier am Werk ist, seine Arbeit zu immer amorpheren Informel-Strömen verdichtet.
Am Ende hat der Android nicht von elektrischen Schafen geträumt, sondern sich von jeder „humanoiden“ Anmutung freigespielt. (Christian Höller)
The Artist in the Machine
2022
Österreich
3 min 26 sek