Looteyo
Während Mansour (Mansour Daryanavard) unbekümmert am Strand Fußball spielt, fällt sein Vater einer Schießerei zwischen Drogenhändlern und Wasserpolizei zum Opfer, tödlich getroffen von einer streunenden Kugel. Fortan sieht der geschäftige Bub die Verantwortung für seine Mutter bei sich. Ihr Traum: Ein Café auf der iranischen Insel Hormuz, wo sie und ihr Sohn ein bescheidenes Leben führen. Mansour versucht sich darob als Touristenführer, bugsiert gelangweilte Städter durch die ansehnlichen Felslandschaften seines Heimat-Eilands. Als ihn jemand um einen Botendienst bittet, wittert er eine Chance auf das große Geld. Die Gefahren, die das Unterfangen mit sich bringt, sind ihm dabei kaum bewusst.
In Looteyo, dem achtbaren Langspielfilmdebüt des gebürtigen Iraners Ashkan Nematian, wird die Tradition des Frühwerks von Abbas Kiarostami unter anderen Vorzeichen weitergeführt. Die resolute Findigkeit Mansours, getrieben von der Hoffnung auf ein besseres Leben, erinnert bisweilen an den rastlosen jungen Fußballfan aus Kiarostamis The Traveler (Mosāfer, 1974). Wie sein legendäres Vorbild skizziert Nematian, der an der Kunstuniversität in Linz studiert hat, en passant ein sorglos zerfranstes Alltagsporträt und Sozialpanorama voller bemerkenswerter Details.
Sein Sittenbild ist zwar weniger allegorisch, dafür aber stärker dokumentarisch grundiert. Der Puls von Hormuz gibt dabei den Takt des Geschehens vor: Lärm und Stille, Lichter und Schatten, Natur und Straßen der zerklüfteten Insel im Persischen Golf verleihen der von erratischen Rhythmen getragenen Handlung ein konkret verortetes, singuläres Ambiente. Für Erdung sorgt überdies die wendige und intuitive Kameraführung, die meist auf Augenhöhe mit dem frühreifen Protagonisten bleibt - wenn sie nicht gerade in spannende Abdrift gerät. (Andrey Arnold)
Looteyo
2022
Österreich, Iran
83 min