Sekundenarbeiten
Abermals legt Christiana Perschon, wie schon in Noema (2014), ein außergewöhnliches Portrait einer zurückgezogen lebenden Künstlerin vor, die trotz ihres hohen Alters und dem schwindenden Augenlicht die Lust am Schaffen nicht verliert. Lieselott Beschorner, 1927 geboren, tauchte in der Kunstszene kaum auf und wollte keinem Netzwerk angehören, obwohl sie bereits 1951 als eine der ersten Frauen als Mitglied der Wiener Secession aufgenommen wurde. Erst nach der Schenkung großer Teile ihres Werkes an öffentliche Sammlungen, riefen darauffolgende Personalen sie hierzulande als bedeutende Künstlerin in Erinnerung.
Der Film Sekundenarbeiten führt die letzte der unterschiedlichen Werkgruppen vor, denen sich Beschorner mit voller Hingabe widmete – und gleichzeitig ihre sympathische, aber zweifellos dominante Art ein Zwiegespräch zu führen. Während die Filmemacherin ihre Kamera aufzieht und den Film einlegt, hört man die Künstlerin zum Schwarzbild von glücklichen Zeiten erzählen, als sie noch auf den Dachboden hinaufsteigen konnte, um jeden Tag zu arbeiten, und von den Zeichnungen, die in Sekunden entstehen, wie ein Hauch, um die innere Spannung zu entladen. Sie kommentiert aber auch die Vorbereitungen für die Aufnahmen mit verschwörerischen Sätzen wie: „Das ist deine künstlerische Freiheit. Streift mich das Licht? Was man mit der Hand macht, ist elementar. Schon, dass du mit einem solchen alten Kaliber arbeitest, macht mir Laune.“ Dazwischen sieht man die schönen Schwarzweißbilder ohne Ton, die Künstlerin mit ihrer „Showbrille“ vor einigen ihrer „Collagierten Köpfe“ und ihre alten Hände beim Zeichnen mit einem eleganten Schwung. Aus der geschlechtermäßigen Zuordnung des Aufnahmegerätes entsteht eine Diskussion zwischen den beiden, energisch beansprucht Lieselott Beschorner einen Zwischenstatus für „die“ Kamera oder „den“ Apparat. Sie hat das letzte Wort: Fertig. (Brigitta Burger-Utzer)
Bewegung ist das zentrale Moment in der Begegnung mit der bildenden Künstlerin Lieselott Beschorner, Jahrgang 1927. Impulszeichnungen entstehen in der Laufzeit der Kamera, bevor das Federwerk erneut aufgezogen wird. Mit Kohlestift, Zeichenpapier, Bolex-Kamera, 16mm-Film und für die Dauer einer Geste teilen wir mit unterschiedlichen Bildträgern eine Bildoberfläche.
Sekundenarbeiten ist Teil eines Filmzyklus, der Denk- und Arbeitsweisen einer in Wien lebenden älteren Künstler*innengeneration aufgreift und ein feministisch- performatives Archiv in Bewegtbildern schafft. (C. Perschon)
Sekundenarbeiten
2021
Österreich
14 min
Dokumentarfilm, Experimental
Deutsch
Englisch