HIGHFALUTIN

„Do you know what a Liberal is? A Nazi without a spine!“, habe Volker Spengler einmal gesagt. So erzählt an einem der Kneipentische des Berliner Diener, um die der Film verschiedene Weggefährtinnen und Weggefährten des Schauspielers versammelt hat. Über die Dauer des Films sprechen diese Menschen – Schauspieler*innen, Regisseur*innen, Musiker*innen, Protagonist*innen der Film-, Performance-, und Theaterszene – über Volker Spengler; anekdotisch, erinnernd, über erste Begegnungen und peinliche Momente, Bewunderung und Irritation. Offen bleibt dabei, wer genau wann mit wem an einem Tisch sitzt, meist erzeugt die Montage einen eigenen filmischen Raum, in dem potenziell alle mit allen sprechen und einander zuhören können und der auch immer ein wenig außerhalb der Zeit, oder eben in einer eigenen, mythischen Zwischenzeit zu existieren scheint. Ein paar der erzählten Dinge bleiben hängen; dass er ein immer gut riechender Mann war; das paradoxe Potenzial sehr zärtlich und massiv grob mit Menschen umzugehen; das schallend-rasselnde, stoßhafte Lachen; dass er kein Liberaler war.

HIGHFALUTIN
 ist nicht nur ein Film über Volker Spengler, der mit Rainer Werner Fassbinder, Christoph Schlingensief und René Pollesch gearbeitet hat und dessen Rolle als Elvira Weishaupt in In einem Jahr mit 13 Monden vermutlich eine der beeindruckendsten schauspielerischen Leistungen des deutschen Nachkriegskinos ist. Volker Spengler, der zum Zeitpunkt des Drehs noch lebt und in einigen Szenen auch mit am Tisch sitzt, ist das Zentrum des Films. Alles dreht sich um ihn, wegen ihm finden die Leute zueinander. Und doch zeigen sich vor der Kamera vor allem die Sprecher*innen selbst: In der Intonation und Mimik, in der bemühten, referierenden Pose oder der affektiven, ungefilterten Eingabe, in der Überbetonung des Ich oder seiner bescheideneren Rücknahme ist der Film eher eine Studie über die Formen des Überdauerns, des Weiterlebens von Stars, Mythen, Persönlichkeiten in den Erzählungen: Diese drehen sich nie nur um den/die Erinnerte/n, sondern immer auch um jene, die (nicht) mit-erinnert werden wollen, sollen, sollten oder dürfen. (Alejandro Bachmann)


Ein ganzes Lokal spricht über Volker Spengler.
Der Film HIGHFALUTIN formuliert diese kleine Utopie. Ein einfaches: „Was wäre wenn“.
Der Schauspieler Volker Spengler ist der Anlass, aber bei Weitem nicht der einzige Inhalt dieses kleinen dokumentarischen Kammerspiels in der Westberliner Kneipe DIENER Tattersall, in dem Spengler selbst natürlich nicht fehlen darf. Fritz Kortner sagte während einer Probe zum jungen Volker Spengler einen großen Satz, der das anarchische Talent dieses Ausnahmeschauspielers präzise zusammenfasst: „Spengler, Sie sind der Untergang des Abendlandes.“
Legenden und Fakten, über den spätestens seit seiner Darstellung der transsexuellen Elvira Weishaupt in Fassbinders In einem Jahr mit 13 Monden lokal weltberühmten Volker Spengler, stehen sich so nicht gegenüber, sondern gleichberechtigt nebeneinander.
Es werden keine Kausalzusammenhänge hergestellt, keine künstlerische Karriere oder Biografie runtergebetet, sondern versucht, unserem Freund Volker über die kollektive Erzählung seiner Person gerecht zu werden. Unseren Freund, den Klaus Emmerich liebevoll “Gesellschaftskritik auf zwei Beinen” nennt. Eine familiäre Zusammenkunft von Menschen, die so definitiv nie stattgefunden hat. Denn Volker Spengler passt in keinen Witz, keine Anekdoten und keinen Film, auch nicht in diesen.
(Produktionsnotiz)

Orig. Titel
HIGHFALUTIN
Jahr
2021
Länder
Österreich, Deutschland
Länge
96 min
Regie
Hans Broich
Kategorie
Dokumentarfilm
Orig. Sprache
Deutsch, Mandinka
Untertitel
Englisch
Downloads
Credits
Regie
Hans Broich
Konzept
Hans Broich
Kamera
Felix Leitner
Ton
Lea Sorgo, Dorian Sorg, Elena Zieser, William Minke
Schnitt
Felix Leitner
Sound Design
Felix Leitner
Tonmischung
Titus Maderlechner
Produktion
Hans Broich
Zusätzliche Kamera
Sarah May Handler, Uwe Mann, Andreas Deinert
Produktionsassistenz
Paulina Buda
Mitwirkende/r
Volker Spengler, Margarita Broich, René Pollesch, Martin Wuttke, Susanne Sachsse, Marc Siegel, Wieland Schultz-Keil, Vaginal Davis, Inga Busch, Anna Heesen, u.a. / et al.
Übersetzung
Ted Fendt
Verfügbare Formate
DCP 2K flat (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,85
Tonformat
5.1 surround
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
Farbe
Digital File (prores, h264)
Festivals (Auswahl)
2021
Hof - Internationale Filmtage
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films
2022
Seattle - German Cinema Now!
Köln - Stranger Than Fiction Dokumentarfilmfestival