All Now, All Free!
Ein Kunstwerk ohne Produktionskosten zu schaffen, das ist wohl der Traum aller prekär lebenden Künstlerinnen und Künstler. Gleich zwei Werke zum Nulltarif liefert Michael Heindl in All Now, All Free! – allerdings ist der Film nicht als ernst gemeinte Handlungsanleitung zu verstehen. Vielmehr reiht sich die Arbeit ein in Heindls künstlerische Praxis, gesellschaftliche Regeln und Übereinkünfte zu hinterfragen – in All Now, All Free! die mitunter absurden Freiheiten des Kapitalismus.
Basis der extrem kostenminimierenden Kunstproduktion ist das Angebot des marktdominierenden Onlinehändlers, Waren ohne Risiko zu testen und binnen 30 Tagen zurücksenden zu können. Dieses Versprechen bis ins letzte Detail ausreizend, bestellte Heindl nicht nur die Bastelbücher zur kreativen Inspiration, die Werkutensilien von der Schere bis zum Klebstoff, Arbeitstisch und Sessel, ebenso Lampe, Kamera und Stativ zur filmischen Dokumentation und tatsächlich auch den Drucker, mit dem er schließlich die Rücksendeetiketten drucken wird. Beim Auspacken der Pakete beginnend lässt sich der Künstler bei der Kreation seines Objekts über die Schulter schauen, weist den Betrachter*innen dabei eine Rolle irgendwo zwischen Zeug*innen und Kollaborateur*innen zu.
Womöglich beobachten diese fasziniert und amüsiert, mit welch frecher Konsequenz hier etwas durchgezogen wird, was der Anstand im alltäglichen Konsum verbieten mag, was aber angesichts der Marktmacht des Handelsriesen als vertretbare Guerilla-Taktik erscheinen könnte. Nachhaltiger ist das Nachdenken über die Macht des Konsums und die Verstrickung des Einzelnen in den Status Quo, das All Now, All Free! auslöst. Da ist der Umstand, dass das finale Kunstwerk aus Karton lediglich das Produkt überflüssigen Verpackungsmaterials ist, nur die allerletzte Pointe. (Anne Katrin Feßler)
All Now, All Free!
2020
Österreich
6 min 31 sek