2 Punkte Programm
Gelber Hintergrund mit roten WC-Figuren: Mann und Frau, gefügt zum Pärchen-Piktogramm. Und zwei wandernde schwarze Punkte. Eine Tonspur, die das Innen und Außen verschränkt. Ein programmatischer Titel. Und da wir uns in der Welt according to Brehm aufhalten, ist nichts so, wie es scheint.
Der Titel verweist auf kein erkennbares Programm, so wie es Wilsons 14-Punkte-Plan nach dem Ersten Weltkrieg oder das 25-Punkte-Programm der NSDAP taten, sondern weckt Erinnerungen an Brehms 29 Punkte Programm, einen abstrakten Film, den er selbst als „Konstruktion der Sinnlosigkeit“ bezeichnet hat. Auch dasselbe WC-Pärchen taucht schon in Praxis 17 (10 Szenen 132–141) auf und vermittelt uns, ja was eigentlich? Das ISOTYPE nach Otto Neurath macht komplexe Zusammenhänge auf einfache Weise darstellbar, bei Brehm wird daraus ein International System of Typographic Picture Education bar jeden Nutzens.
2 Punkte Programm ist wie alle Arbeiten Brehms eine Einladung, die man neugierig annehmen sollte: I am curious (yellow). Das aufgeweckte Pfeifen, das die Tonspur zeitlich rahmt, lässt uns in den Hörfilm eintreten: entferntes Verkehrsrauschen, Hundegebell, rollende Glasflaschen, Feuerzeug-Zündversuche, der erste Lungenzug, Knabberknistern, Streichholzanzünden, das Schnurren der Telefonwählscheibe, verhaltenes Klopfen, Kampfgeräusche bei der Darmentleerung, Kirchenglocken, Klospülung, immer wieder Hundegebell, zuletzt zwei Mal ein Pistolenknall, die wandernden Punkte werden aus dem Bild geschossen, dazu Kinderlachen, eine donnernde Explosion, die das Filmbild in den Schwarzfilm knallt … das fröhliche Pfeifen begleitet uns in den Abspann.
Gelb macht gute Laune, ist zugleich aber auch Warnfarbe, speziell in Verbindung mit Schwarz wird die größtmögliche Signalwirkung zweier Farben erreicht, man kennt das von Gefahrenzeichen im öffentlichen Raum. Und doch: träge, schöne Sonntagsstimmung.
(Regina Schlagnitweit)
2 Punkte Programm
2020
Österreich
10 min