the time is now. I
Was heißt anders leben? Heidrun Holzfeind beschäftigt sich in ihren Filmen, Fotos und Skulpturen mit der Verschränkung von Leben und Kunst, die sie anhand sorgsam in Szene gesetzter spezifischer Orte, Architekturen und Werkzeuge veranschaulicht. Die beiden Teile von the time is now. widmen sich dem 1981 gegründeten japanischen Improvisations/Noise-Duo IRO. Toshio und Shizuko Orimo spielten zunächst wüsten Artpunk. Nach der Katastrophe von Tschernobyl 1986 wandten sie sich einer "energiefreien" Musik auf akustischen Instrumenten zu, die sie in Anlehnung an Kagura, also den Tanz bzw. die Musik für die Götter, "Punk Kagura" nennen.
Der dabei angestrebten Balance von Animismus und Schamanismus nähert sich Holzfeind zunächst in einem rituell belebten, musikalisch strukturierten und teilweise mit Farbfiltern bearbeiteten Architekturfilmteil an. Dieser konzentriert sich auf einen zivilisationskritischen Gebäudekomplex von Takamasa Yosizaka und auf das satte Grün der umgebenden Natur im Kontrast zu Tokio. Der zweite Teil des ersten Films verschmilzt eine improvisierte Performance von Klavier, Kontrabass und Sprechgesang mit dokumentarischen Aufnahmen von Straßenprotesten und dem Widerstand gegen US-amerikanische Militäranlagen sowie dem letzten, exorzistisch anmutenden Punkkonzert im Zuge der musikökologischen Wende von IRO 1987. So entsteht, forciert durch die Überblendung der Tonebenen, über scheinbare Brüche hinweg ein Kontinuum kompromissloser Expressivität. (Thomas Edlinger)
the time is now. I
2019
Japan, Österreich, Schweden
20 min
Experimental, Dokumentarfilm
Japanisch
Englisch