Double 8

Zwei Handkameras, zwei Rollen Doppel-8-Material, vier Kader: Zwei Künstlerinnen aus unterschiedlichen Generationen des österreichischen Avantgardefilms begegnen sich. In Double 8 wird ein Bedürfnis nach Austausch mit der Geschichte des Films und seiner Macherinnen spürbar: als gleichzeitiges Blicken und Angeblicktwerden. In ihrer filmischen Begegnung nehmen sich Christiana Perschon und Linda Christanell gegenseitig in den Blick, agieren zugleich als Filmende und Protagonistinnen miteinander. Zu zweit, mit je einer Kamera, entstehen so vier Bilder, die – im Split Screen auf der Leinwand angeordnet – den visuellen Vergleich nahelegen: Was ähnelt sich und worin? Wo entstehen Brüche? Wie verhalten sich die Gefilmten und die Filmenden zueinander?
(Michelle Koch, Diagonale 2017)

Double 8 richtet den Blick auf die Begegnung mit Linda Christanell, Künstlerin der feministischen Avantgarde der 1970er und öffnet einen historischen Projektionsraum. In einem Jahrzehnt des Aufbruchs – nach den männlich besetzten gesellschaftskritischen Interventionen des Wiener Aktionismus – sind es Künstlerinnen und Aktivistinnen wie sie, die gesellschaftliche Macht- und Geschlechterverhältnisse hinterfragen und ihren Platz im Kunstbetrieb und in der Kunstgeschichte einfordern. Kameraarbeit und Bildsprache entstehen im Doppel: zwei Kameras, zwei Künstlerinnen unterschiedlicher Generationen werden gleichzeitig zu Filmenden und Protagonistinnen und erscheinen auf dem Split-Screen kaderweise nebeneinander. Die Form dieses Zusammenspiels wird durch das analoge Filmformat Doppel 8 bestimmt, indem Filmrollen und Kameras getauscht werden. In der Geste des gegenseitigen Filmens entstehen Bilder im Blick der Anderen. (C.P.)

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Regiestatement Christiana Perschon

Das Filmrohmaterial Doppel 8, seit den 1930er Jahren beliebtes Amateurfilmformat, bestimmt die Kamera- und Montagearbeit. Die Bildproduktion orientiert sich an der Beschaffenheit des Doppel-8-Films, der 16 mm breit ist. In der Kamera wird zunächst eine Hälfte des Films belichtet (8mm), später im Rücklauf die zweite Hälfte. Üblicherweise wird der Film nach der Entwicklung in zwei 8mm breite Filmstreifen zerschnitten und damit „gesplittet“. In Double 8 wird auf diese Spaltung bewusst verzichtet, um den Doppel-Effekt im Material zu erzeugen. Es entsteht ein Split-Screen-16mm-Film, auf dem zwei 8mm-Spuren laufen. Nach der Belichtung der ersten Hälfte der Filmrollen werden die Rollen und Kameras getauscht: Die Akteurinnen belichten jeweils die Filmhälfte der Anderen. Die Handkamera-bewegungen lassen einen filmischen Dialog zwischen den beiden Akteurinnen entstehen. Das selbst entwickelte Filmmaterial legt sich mit Verweis auf seine chemische Beschaffenheit und seinen Entwicklungsprozess über die gefilmten Kader und verstärkt die Zeitlichkeit, die dem Filmemachen inne wohnt. Double 8 ist auf Schwarz-Weiß-Umkehrfilm gedreht und handentwickelt. Durch den Einsatz von abgelaufener Chemie entsteht eine Art Solarisationseffekt durch das changieren zwischen Positiv- und Negativbild. Die Blicke in die Kamera, die aus dem Filmraum hinausragen, konstituieren die Gefilmten als zurückschauende, selbstbestimmte, sehende Subjekte und brechen mit einer Distanzierungstechnik, die die gefilmten Personen als Objekte begreift. Der Moment der Blickkollision markiert eine Grenze zwischen gefilmtem und filmendem Subjekt und einen Wendepunkt in der Betrachtung des Bildes.
Regiestatement
Orig. Titel
Double 8
Jahr
2016
Land
Österreich
Länge
3 min 10 sek
Kategorie
Avantgarde/Kunst
Orig. Sprache
kein Ton
Downloads
Double 8 (Bild)
Double 8 (Bild)
Double 8 (Bild)
Credits
Regie
Christiana Perschon
Konzept & Realisation
Christiana Perschon
Zusätzliche Kamera
Linda Christanell
Mit Unterstützung von
Ludwig Boltzmann Institut für Geschichte und Gesellschaft, filmcoop Wien, Österreichisches Filmmuseum, Akademie der Bildenden Künste Wien, Innovative Film Austria
Verfügbare Formate
DCP 2K flat
Digital File (prores, h264)
Festivals (Auswahl)
2017
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films
Jihlava - International Documentary Festival