In Trout We Dust
Tief einatmen. Dann geht es los. Immer wieder. Differenz und Wiederholung. Dieser, einer Werkreihe des österreichischen Komponisten Bernhard Lang entliehene, erste Zwischentitel des Filmes In Trout We Dust führt uns zu einem wesentlichen Thema des Duos The International Nothing und einer ganzen Musikszene, welche hier porträtiert wird.
Wie es in der Geschichte der beiden Klarinettisten Kai Fagaschinski und Michael Thieke darum geht, die Balance zwischen einem "Gruppensound" und Weiterentwicklung zu finden – also "zwischen Motörhead (Wiederholung) und Iron Maiden (Differenz)", wie Fagaschinski es erklärt –, so führen uns auch die Bilder, die zunächst länger in Bühnenräumen verharren, später hinaus in die Weite der Vorzimmer, Küchen, Bars und Straßen.
Die wesentliche Sache des Duos ist aber das fokussierte Arbeiten am Material. Das zunächst einmal horizontale Erkunden der (Zusammen-)Klänge, welches später einer kleinteiligen Anordnung zu einem vertikalen Ganzen weicht. Akribisch und in mikroskopischen Abschnitten wird hier nach Neuem geforscht, ohne dass das Neue zum Selbstzweck oder zum Heiligtum verkommt.
Ganz im Gegenteil. Mit Humor auf der Bühne sowie in der erarbeiteten Musik selbst begegnet man dem Verdacht im Elfenbeinturm zu sitzen. Man balanciert (auch hier) das Bild des "seriösen Künstlers" mit dem der Lebenslust aus und steht, obwohl der Rock hier nicht ins "rollen" kommt, ganz und gar im Widerspruch zum berühmten Satz des (ehemaligen) österreichischen Heimatpolitikers Andreas Khol: "Wer das Klarinetten spielen lernt, wird nicht drogensüchtig."
So kleinteilig wie die Musik will der 34minütige Film nicht arbeiten. Er gibt uns in kurzen Kapiteln einen ersten Eindruck vom Leben des Typus "Homo musicus experimentalis", stellt uns einige VeranstalterInnen vor, lässt sich das Duo kurz zu einem Quartett erweitern, um auch Außenansichten zu geben, und schließt mit dem Versuch einer Erklärung des Ausbalancierens von Freiheit der Kunst und ökonomischer Realität derselben.
Höchste Zeit, dass – nachdem mit dem Film (Untitled) 2009 das Thema Avantgarde-Musik in Hollywood angekommen ist – jemand auch dokumentiert, wie sich dieses Dasein wirklich anfühlt. (Christof Kurzmann)
Tourdokumentation, Album-Making-of, Bandporträt? All das ist Dieter Kovačičs Film irgendwie und dann aber auch nicht. In Trout We Dust begleitet das Klarinettenduo The International Nothing auf seiner Tour durch Deutschland, Frankreich, die Schweiz, und wohnt der Aufnahme des Albums bei, dem der Film seinen Titel verdankt. Sichtbar werden neben diesen faktischen Realitäten aber eher eine Atmosphäre, ein Milieu, ein Spirit, die der Film über eine unkonventionelle, Zeitschleifen erzeugende Montage, überraschende Schnitte und die Konzentration auf das vermeintlich Nebensächliche spürbar macht: Das Aufstehen nach dem Auftritt, das Luftholen vor dem ersten Ton, Körperhaltungen und Zeitlichkeiten stehen hier im Mittelpunkt und vermitteln einen Atem – der Musik und der aus ihr hervorgehenden Zusammenkünfte von Menschen. (Diagonale Katalogtext, ab)
In Trout We Dust
2019
Österreich
34 min