Fallen
Mit dem, was die meisten von uns so zuversichtlich „Wirklichkeit“ nennen, will der Künstler Klaus Schuster in seiner Arbeit nicht viel zu tun haben. Er nutzt die digitale Technik der 3D-Animation nicht dafür, „lebensechte“ Bilder herzustellen, betont lieber das Synthetische seiner Kreationen. Durch einen virtuellen Raum, der wie eine schlecht designte Freizeitanlage mit Palme, Pool und Hollywoodschaukel aussieht, treiben, lümmeln und stürzen fragmentarische Gestalten mit irritierend humanoiden Gesichtern. Es sind Genre-Figuren; ihre Blicke sind hohl, ihre Mimik deutet auf sehr schlechte Laune hin, auf Kinetik sind sie, bei aller Coolness, programmiert.
Eines dieser Phantome zieht eine Art Horrorclown mit aus Kegel-Gliedmaßen lose zusammengesetztem Körper hinter sich her, den glattpolierten Boden entlang. Eine stachelige Skulptur, die deutlich an Marcel Duchamps Flaschentrockner-Readymade erinnert, wird von einem in den Raum Stürzenden wenige Sekunden später action-choreografisch korrekt vom Sockel gestoßen, während ein anderer Spielzeugclown, von der Schaukel, auf der er bislang unbeteiligt saß, in das Indoor-Becken rutscht, durch dessen weißen, wie Glas zerbrechenden Boden bricht, um eine Etage tiefer wieder im selben Setting zu landen und das Ausstellungsstück per Kegelbeinschlag im Fallen vom Podest zu kicken.
Palmen, Schaukeln, Menschmaschinen und „unheimliche“ Raumanordnungen gehören zu Schusters Grundvokabular. In Fallen werden Abstürze zelebriert, aber tatsächlich auch spatiale, narrative und dramaturgische Fallen gestellt, dabei filmisch äußerst fluide, mit kühnen Perspektivwechseln und imaginären Kamerabewegungen gearbeitet. So entsteht eine mit Tonlöchern durchsetzte Möbiusschleife, ein Freud- und Lynchianisch grundierter Rätsel-Loop.
(Stefan Grissemann)
Fallen
2018
Österreich
3 min