Voltage
Er ist Musiker, und sie in ihn verliebt. Das wird nicht ausgesprochen, doch man spürt es an ihren Blicken, hört es an ihrer Stimme, an der Art, wie sie den schon etwas älteren Burschen bittet, ihr etwas vorzuspielen aus dem "Live-Set" das er am Abend auflegt. Nur zu gern würde sie ihn zur Party begleiten. Doch er geht auf ihre Andeutungen einfach nicht ein. Die (Nicht-)Beziehung dieser beiden ist wie elektrischer Strom: Man spürt ihn, hört ihn knistern – doch sehen kann man ihn nicht. Voltage, elektrische Spannung, lautet entsprechend der Titel von Samira Ghahremanis auf der Berlinale uraufgeführtem Kurzfilm.
Wenn Ghahremani von der enttäuschten Liebe der jungen Frau erzählt, ist die Kamera meist nah am Körper von Hauptdarstellerin Alina Schaller, und dennoch bleibt das Bild unaufdringlich und ruhig. Schallers Figur erinnert an die "Rosetta" aus dem gleichnamigen Film der Brüder Dardenne: jung, schön – aber am Leben hart geworden. Gegen andere und gegen sich selbst.
Doch zurück zur "Spannung" des Titels. Denn natürlich kann elektrischer Strom auch verletzen: Das Gefälle zwischen Mann und Frau tut keinem von beiden gut. Der Mann nutzt seine vermeintliche Macht aus, ohne die sadistischen Gesten wirklich zu genießen. Die junge Frau wiederum wirkt wütend über die eigenen, romantischen Gefühle, die so gar nicht in die kalte Betonsiedlung passen, in der beide sich treffen. Rauchen dagegen geht immer: Zigaretten und Wasserpfeife halten in Ghahremanis Inszenierung als aggressive Ersatzhandlung her, wo es mit der Liebe schon nicht klappt. Im Finale wird die elektrische Metapher schließlich konkret: Aus enttäuschter Zuneigung greift die junge Frau zu verzweifelten Mitteln. Ein Befreiungsschlag. Denn alles ist besser, als die entsetzliche Spannung. (Maya McKechneay)
Voltage
2017
Österreich
16 min