ARENA
Der Begriff der Arena verweist auf den Genius loci: das Areal, auf dem der Wettkampf ausgetragen, das Spektakel mithin eingelöst wird. Diese ARENA bleibt in Björn Kämmerers Film im Verborgenen. Oder besser: Sie wird zum Gegenstand einer Standortbestimmung. Denn statt des Ovals, der Bühne oder anderer Versprechungen rückt Kämmerer den Zuschauerraum ins Bild – graue, unbesetzte Sitze, Reihe um Reihe, aus einem Outdoor-Stadium.
Der Clou daran: Der Blick auf den Zuschauerblock wird gleich auf doppelte Weise dynamisiert. Während die Kamera im Schneckentempo rückwärtsfährt, sich also langsam entfernt, beschreiben die Sitzreihen eine Kreisbewegung. Der Effekt ist weniger vordergründig als bei einem Dolly-Zoom, bei dem sich nur der Hintergrund verändert. Die allmähliche Ausweitung des Sehfelds, der vergrößerte Bildausschnitt enthält jedoch ein vergleichbares Moment des Unbestimmbaren. Die schleichende Bewegung wird selbst zur Attraktion.
Kämmerer hat in seinen Filmen wiederholt filmische Verfahren oder Formen in raffinierte Versuchsanordnungen übertragen, die den Zuschauer in eine räumlich wie sinnlich destabilisierende Lage versetzen. Wie schon Gyre ist auch ARENA ein einzelner Take, eine Plansequenz, die jedoch ganz bewusst auf kein Telos zusteuert. Die Sitzreihen sind etwa so kadriert, dass wenig Orientierungspunkte bleiben: Immer mehr Reihen sind zwar zu sehen, aber das Bild öffnet sich nicht nach außen, es bleibt innerhalb der Ordnung seiner Elemente konsistent.
Kämmerers ARENA ist als 70mm-Film konzipiert, ein Format, das durch seine enorme Aspect Ratio für das Bühnenhafte prädestiniert ist und sich besonders für horizontale Bewegungen eignet. Als raffinierte Ausweitungsstudie bietet es sich hier als die Essenz eines Schaubilds dar, eines Bildes, das wächst, aber aus dem nichts erwächst. Nicht das Spektakel der Sichtbarkeit steht in ARENA im Mittelpunkt, sondern der Raum des Zuschauers und das Kino, mithin Apparate als Kollaborateure. (Dominik Kamalzadeh)
ARENA
2018
Österreich
5 min