Am Himmel
Am Himmel wird Maya (Maria Spanring) plötzlich wach. Sie ist nicht tot, sie ist in Wien. Es ist Nacht. Sie tastet sich ab. Was fehlt ihr? Was fehlt? Ihre Schuhe, das steht fest. Sie krabbelt auf und macht sich auf den Weg hinunter.
Schon die Anfangssequenz von Regisseurin Magdalena Chmielewskas Kurzfilm Am Himmel ist mit der leisen Ironie einfacher Assoziationspaare unterfüttert. Dopplungen, die umgehend als Gegensätze entlarvt und aufgehoben werden; Ironie, welche angesichts der Umstände auf den ersten Blick unpassend scheint: Am Vormittag geht Maya zur Polizei, nämlich um den Vorfall der vergangenen Nacht zu melden. Sie wird untersucht, sie gibt zu Protokoll: Von mehreren Tätern misshandelt. Keine Samenspuren. Aber innere Verletzungen.
Ein Kurztrip steht an. Mit ihrer besten Freundin (Julia Jelinek) fährt Maya ein paar Tage zu ihrem Freund Daniel (Valentin Postlmayr), der an der italienischen Küste gerade ein Haus renoviert. Nicht die Casa Malaparte aus Godards Die Verachtung, selbst wenn Chmielewska für einen kurzen Blick vom Balkon diese Allusion erlaubt. Maya will "ein paar Tage an nichts denken". Doch vor der (Selbst-)Reflexion ist niemand sicher. Auf Daniel hat sie sich gefreut. Sie hat Lust. Aber etwas ist anders. Auch Daniel und sie: im Prinzip ein "Assoziations-Paar". Entgegensetzung verträgt das nicht.
Sehr präzis und sehr eigenständig gestaltet Chmielewska in nur wenigen Grundzügen eine komplexe Figur, der Gewalt angetan wurde, die sich aber nicht als Opfer sehen will, die in einem instinktiv eingeleiteten Ermächtigungsprozess immer klarer ihre Stärken erkennt – und: davor keine Angst hat.
In Maria Spanring hat Chmielewska eine kongeniale Darstellerin, die Maya sowohl physisch als auch psychologisch in jedem Paradoxon erfasst. Von einem Himmel (es gibt in Wien – mindestens – zwei) befindet Maya sich immer noch im Weggehen hin zu einem tatsächlich besseren Ort. Vielleicht wird sie eingeholt, aber aufhalten lässt sie sich nicht. (Alexandra Zawia)
Es ist Nacht Am Himmel, einer Wiese am Rande von Wien. Die Täter sind weg. Verletzt und ohne Schuhe läuft Maya zurück in die Stadt – nach Hause. Sie fährt kurzerhand nach Italien, zu Daniel, ihrem Freund. Daniel weiß nicht, was ihr in Wien widerfahren ist, doch er spürt etwas ist anders. Maya möchte die Kontrolle über ihr Leben wiedererlangen, kein Opfer sein. Und doch treibt sie nur mehr durch die Welt. Wie eine unverankerte Insel.
FIRST STEPS AWARD 2018 - Jury-Begründung (Preis (Auszeichnung))
Preisträger: Am Himmel, Regie: Magdalena Chmielewska
30 Min., Filmakademie Wien
Eine junge Frau wurde überfallen, sexuell misshandelt, auf einer Wiener Wiese, die paradoxerweise „Am Himmel“ heißt. Was genau geschah, erfahren wir nur indirekt, sie selber spricht nicht darüber. Kämpft darum, sich nicht als Opfer zu fühlen, ihr eigenes Leben wieder zu gewinnen. Sie ist verstört und verstörend, abweisend, ihr Kampf ist kraftvoll, fast wütend. Sie besucht ihren Freund am Meer, aber nichts wird mehr, wie es war, Stück für Stück geht sie sich selbst verloren. Magdalena Chmielewska erzählt in großen Kinobildern, mit wenig Dialog, kunstvoll eingesetzter Musik und in nur 30 Minuten, wie ein solcher Überfall ein Leben für immer beschädigt. (Jurybegründung)
Am Himmel
2018
Österreich
30 min