Late Blossom Blues
Schwerfälliger Gang, gebückte Haltung, Schnappatmung – ein Mann, alt, faltig und langsam. Doch sobald dieser die Saiten seiner "pink guitar" anschlägt und zu den Blue Notes zu singen beginnt, offenbaren sich hinter der abgelebten Fassade des inzwischen 85-jährigen Leo "Bud" Welch ungeahnte Energien, eine Verve, die sich unweigerlich auf die Zuhörer/innen überträgt. Ein Leben für und durch Musik, den Blues und den Gospel, the Lord and the Devil – schon seit der Jugend eng mit seinem Instrument verbunden, verschaffte er sich jedoch erst mit 81 Jahren (und mithilfe seines enthusiastischen Managers) jenseits seiner Heimatstadt Gehör und Erfolg: Die ersten beiden Studioalben, Tourneen durch Amerika, Konzerte in Europa, der erste Flug.
Das Verdienst von Late Blossom Blues ist ein doppeltes: Zum einen das empathische, aufrichtige Porträt dieses lange verkannten, schrulligen Genies, das sich zwischen verrauchten Clubs, Arztpraxen und Gottesdiensten bewegt. Zum anderen das Verweben dieses einzigartigen Charakters mit der Lebenswelt und der musikalischen Tradition, der er angehört. Welcome to Mississippi: die Südstaaten, Wurzel des Blues - Baumwollfelder, morsche Holzhäuser, leere Straßen, ein Diner, eine Dorfkirche, abgeranzte Bluesschuppen. Die dokumentarische Reise bewegt sich durch ländliche Gegenden, abseits der großen, glanzvollen Metropolen, doch spiegelt sich auch hier Amerika, die Glücksversprechen, vor allem aber die gesellschaftlichen Missverhältnisse, die abgründige Seite des land of the free - in den Bildern, der Musik, den Geschichten: eine verspätete Erfolgsstory, ein Golfkriegsveteran - Blues-Existenzen geprägt von Armut, Querelen, Schindereien. Umso erstaunlicher die Lebendigkeit und der (Über-)Lebenswille, nicht nur dieses einzelnen Musikers, sondern einer ganzen Szene: "Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme" (Thomas Morus).
(Michelle Koch)
Der Blues ist keine Frage des Alters, OÖN, 09.03.2018 (Artikel)
Wolfgang Pfoser-Almer muss dem mittlerweile nicht mehr existierenden Linz-Fest für immer zu Dank verpflichtet sein. Denn hier gab der künstlerische Festivalleiter Leo Welch eine Bühne, die dieser zu nutzen wusste.
Die Begegnung mit dem alten Mann hat Pfoser-Almer nachhaltig geprägt. Denn in der Person des mittlerweile 85-jährigen Blues-Musikers hatte er jenen Menschen gefunden, dessen Geschichte filmisch erzählt werden musste.
Das Ergebnis nennt sich "Late Blossom Blues", ist eine Dokumentation, mit der der Oberösterreicher einen tiefen Einblick in das Leben von Leo Welch gibt. Am 22. März wird der Film bei der Starpremiere im Hollywood Megaplex gezeigt. Im Beisein des Filmemachers, der von seinen Eindrücken und Gefühlen erzählen kann, die er von seiner zweiwöchigen Reise in die immer noch spartanische Lebenswelt des Musikers mitgenommen hat.
Die Lebensgeschichte von Leo Welch, der "Bud" genannt wird, ist natürlich im besten Sinne des Wortes eine Blues-Story. Hier geht es um Armut und Ausbeutung, um Gott und den Teufel und um den Glauben an sich selbst, so Pfoser-Almer.
Late Blossom Blues
2016
Österreich
89 min
Dokumentarfilm
Englisch, Deutsch
Englisch, Deutsch