Ljubljana Ronde
Ein Paar, Mann und Frau um die 70, "westeuropäisch" aussehend, definitiv Touris, stehen auf einem Großstadt-Platz, eine stumme Einstellung lang. Die erfasst sie mit Teleobjektiv, also ist vorne viel Blur und hinten der Raum dicht: Boutiquen-Auslagen, Menschenmenge, teils mit Fahrrad und Fotogerät. Laut Titel sind wir in Ljubljana, und der Walzer, der dazu erklingt, enstammt der Musik zu Max Ophüls´ La Ronde - Der Reigen (1950).
Das ist (wie Roehslers andere Stadt- und Tourismus-Alltagsposen-One-Shot-Movies zu Orchestermusik) so minimalistisch, dass es sich lohnt, der Phantasie nachzuhängen, es handle sich bei diesen drei Minuten um einen Spielfilm-Teaser, der kleine Gesten und Akzente im Bild je nach Genre anders rahmt.
Ein Liebesfilm etwa, nach Art von La Ronde: Der touristische Rundblick ist Ausschauhalten nach neuen Liebeleien. Sieht die Frau dem weißhaarigen Sonnenbrillen-Radler im schwarzen T-Shirt nach? Am Ende gehen sie und der Ihre doch gemeinsam ab (vorläufig).
Oder ein Agentenkrimi: Das Knipsen der beiden ist Spionage, ihre Unbedarftheit Tarnung, ihr Stadtplan eine Message, sein Auf- und Absetzen der Sonnenbrille ein Antwortcode.
Oder ein Refugee-Drama: Zwei sind auf der Westbalkanroute in Ljubljana gestrandet, südlich von (dem austro-slowenischen Grenzübergang) Spielfeld, das Festung ist. So wie die Festung Europa Spielfeld dunkler Mächte ist. Sie suchen nach Orientierung und Handy-Empfang. Auf dem schwarzen T-Shirt des Radlers steht Böhse Onkelz.
Oder Slapstick-Anthropologie à la Tati: der Walzer als exakte Choreografie von Beinah-Kollision und Konfusion in den Ferien von M. und Mme. Hulot oder Holub oder so.
Das alles deshalb, weil das Bild dies und nichts anderes zeigt: in einer gesetzten Beliebigkeit, der jeder Moment signifikant wird - und so melancholisch wie komisch. (Drehli Robnik)
Ljubljana Ronde
2016
Österreich
3 min