Hilda
Das erste Bild erfasst Hildas Beine und Hände. Sie schneidet, sich bückend, Gras. Diese Aktivität kündigt sich noch vor der Aufblende über den Ton an. Wir bekommen eine Frau zu sehen, die trotz ihres Alters und ihrer Gebrechlichkeit, unentwegt in Bewegung ist und arbeitet. Sie scheut keine Anstrengung. Und sie lacht. Ihre Philosophie ist: Wer rastet, der rostet. Wenn man die Hände in den Schoss legt, bleibt das Gehirn stehen. I bin frei wia a Vogerl. Sie hält den vorüberfahrenden Traktor an, um sich hinten auf die Schaufel zu setzen und sich chauffieren zu lassen. Geschickt klemmt sie ihren Gehstock ein und findet sicheren Halt mit den Händen. Sie winkt uns zu, während sie losfährt.
Ein fast ikonisches Bild, das alle vorhergehenden Statements essentiell unterstreicht: Die Freiheit der Hilda Lackner hat viele Lagen. Sie ist frei von Konventionen, von gesellschaftlichen und materiellen Zwängen, sie ist auch als Frau frei, seit ihr Mann vor 14 Jahren verstorben ist. Sie lebt ein einfaches Leben, denn sie besitzt nur, was sie wirklich braucht. Sie baut selbst Paradeiser und Salat an. Versorgt liebevoll die Hasen, einen ganzen Stall voll. Sammelt die Zapfen der Nadelbäume, um den Samen auszustreuen und neue Bäume zu setzen. Das ist ihr Hobby, sagt sie.
Dass die Off-Kommentare von Karin Berghammer von Beginn an in der Vergangenheit gesprochen werden, überhört man beinahe: "Hilda Lackner war meine Nachbarin. Besser kennen gelernt habe ich sie, als sie unsere Hasen in Pflege nahm." Dann sehen wir den Hof in der Totalen, Landschaften, die einander überblenden, der Winter zieht ein. Hildas Beweglichkeit nimmt ab, jetzt geht die Kamera auf Reisen. Noch einmal blühen die Kirschen, der Goldregen, die Gänseblümchen. Hilda wird nicht müde zu erzählen, zu erklären. Der Film feiert Hilda in ihrer geradlinigen Offenheit, als eine Frau, die getan hat, was getan werden musste. (Sylvia Szely)
Hilda
2017
Österreich
49 min