Fuck the Cancer!
Manchmal tut dieser Film weh. Und zwar körperlich - wenn das unsichtbar wütende Ungeheuer und der Kampf dagegen ihre Spuren auf dem Körper zeichnen: das abgemagerte Gesicht, die durch Strahlentherapien hervorgerufenen Hautveränderungen, die von den Strapazen versagenden Stimmbänder.
Mehr als ein Jahr lang hat Thomas Renoldner sich dem Krebs widersetzt, der ihn Anfang 2014 heimgesucht hat: durch eine persönliche Kampfansage, die in einer hartnäckig wiederholten Beschwörungsformel ihren unverblümten Ausdruck gefunden hat: "Fuck the Cancer!". Ein Satz, den der Filmemacher wie eine therapiebegleitende Maßnahme in seine Handy-Kamera spricht: im Spitalsbett, zu Hause, auf Spaziergängen, allein oder, selten, mit seiner Familie. Banale Momente, in denen Renoldner nichts tut, was herkömmlicherweise für Empathie sorgt: Keine Erklärungen, keine Auskünfte über seine Person oder seine Krankengeschichte, keine emotional gerichtete Performance. Nur dieser eine Satz: "Fuck the Cancer" - immer und immer wieder.
Doch gerade diese scheinbar monotone Wiederholung und das minimalistische Setting eröffnen einen Raum, in dem sich eine von suggestiven filmischen Mitteln entledigte Empathie entfalten kann. Die Reduktion fordert die Wahrnehmung heraus. Renoldners einsilbige Auftritte formieren sich zu einer vielstimmigen Serie von nicht beantworteten Fragen: Ist der Anflug eines Lächelns ein Zeichen, dass die Hoffnung die Angst überwiegt? Bedeutet das Wegbrechen der Stimme Resignation oder ist es nur die Folge der Anstrengungen während der Therapie?
Mit diesen Fragen eröffnet Renoldner einen Raum, der vom Zuseher erschlossen werden will. Er entblößt sich, um uns die Blöße der eigenen Befindlichkeit spüren zu lassen. Fuck the Cancer! präsentiert das Ungeheuer so undramatisch, wie das selten in einem Film passiert - und löst dabei die größtmögliche, durch kein Narrativ geschützte dramatische Reflexion und Emotion aus. (Robert Buchschwenter)
Fuck the Cancer!
2016
Österreich
12 min