Albert
Albert macht einen aufgeräumten Eindruck. Er trägt Krawatte und Hemd, aus dem etwas neckisch das akurat gestutzte Brusthaar hervorblitzt. Eine Tribaltätowierung ziert seine Brust. Sie ist groß genug, um eine an den Mainstream orientierte Verwegenheit anzudeuten und damit klein genug, um niemanden ernsthaft vor den Kopf zu stoßen. In der Gesamterscheinung ist Albert von leicht krakeliger, am Computer animierter Gestalt, die sich vor – ebenfalls mit Computer animierten – statisch-minimalistischen Hintergründen durchs Leben schiebt.
Alberts Welt ist schwarz, weiß und sehr grau. Gewissenhaft wässert er die Pflanzen auf der heimischen Dachterrasse, bevor er zur Arbeit geht. Und an diesem Punkt erschließt sich die Kehrseite des Protagonisten, der sich nach einem gemeinsamen Essen zärtlich von seiner schwangeren Lebenspartnerin verabschiedet. Albert ist von Beruf Folterknecht. Einer, der die Handgriffe des Alltags im Berufsleben reproduziert und umgekehrt. Und so erweist sich die Gießkanne nicht nur als Gegenstand der freizeitlichen Zerstreuung, sondern auch als Werkzeug für´s Waterboarding – gleiches gilt für die Zange, mit der Albert sowohl die Tomaten vom heimischen Strauch, als auch die Finger des Folteropfers abzwickt. Albert hört Händel, während er mit stoischer Professionalität Menschen zum Geständnis quält. Dass Regisseur Felix Weisz nicht einmal ansatzweise die Motive für Alberts Berufswahl offenlegt, ist eine der Stärken dieses Animationsfilms. Diese Verweigerung lässt die Zuschauer_innen in der humanistischen Ratlosigkeit stehen – da helfen nicht einmal die philosophischen Bücher, die Albert, seine Frau und ein Arbeitskollege studieren. (Melanie Letschnig)
Albert
2016
Österreich
7 min