A DAD
Eigentlich sind 100 Jahre Dada kein wirklicher Grund zum Feiern, bedenkt man die Vereinnahmungs- und Neutralisierungsgeschichte, die diese radikalste aller Avantgarden durchlebt hat. Heute dennoch an den Gründungsimpuls hinter dem Zürcher Cabaret Voltaire im Jahr 1916 anknüpfen zu wollen, zeichnet Robert Cambrinus´ wendige Dada-Hommage A DAD aus. Die Buchstabenumkehrung im Titel ist durchaus Programm, geht es doch darum, das methodische Rüstzeug, das Dada der Welt geschenkt hat, als Vorläufer jüngerer Techniken wie Cut-up, Remix oder Mash-up herauszustellen.
Genau dies demonstriert Cambrinus´ Film eindrucksvoll, indem er den Collage-Modus, der all diesen Techniken zugrunde liegt, auf Phänomene der heutigen Medienwelt umlegt: So sprechen Staatsoberhäupter von Obama bis Putin ein witzig zusammengestoppeltes Geleitwort. Anhand historischer Beispiele von Christian Morgenstern bis Ernst Jandl werden die Vorfahren heutiger "DigiPoetry" geehrt, danach unter den Headlines "iCollage" bzw. "Schwitters twitters" Spektakelbilder der Gegenwart (von Porno bis IS) der verdienten Sinnentleerung zugeführt. Dass aktuell jedes Freiheits- oder Widerstandsmoment im Schatten mächtiger Info-Giganten (Facebook, Apple, NSA) steht, färbt auch auf die ideologischen Blöcke der Vergangenheit (Kommunismus, Nationalsozialismus, "freier" Westen) ab: "The present leaves traces in the past", heißt es in schönstem Erpresserbrief-Layout. Umso erquicklicher sind die – im Vergleich zum gesampelten Material – selbstgedrehten Szenen, etwa wenn Herr und Hund die Wirklichkeit kopfstehen lassen. Auch das ein treffliches Exempel für die nicht mehr aus der Welt zu schaffende "Da Da Strain", welche die Jazz-Sängerin Ethel Waters auf der Tonspur eloquentest besingt. (Christian Höller)
A DAD
2016
Österreich
11 min 21 sek