Uncanny Valley
Ein Paradoxon von Bildern liegt darin, dass sie vorenthalten, was sie zeigen und auf Abstand halten, was sie näher bringen. Die Leinwand oder der Schirm, auf dem sie erscheinen, erscheint zugleich als Schutzschirm, der vor dem Gezeigten schützt: Als Bilder garantieren sie eine Distanz zwischen der Gegenwart der Wahrnehmung und dem Anderswo der Aufnahme. Dies scheint umso mehr zu gelten für einen Film wie Uncanny Valley, der sich mit dem Ersten Weltkrieg auseinandersetzt – mit einem Ereignis, das schon jenseits des Erinnerbaren liegt und sich nur mehr im historischen Gedächtnis abspielt. Wenn es noch einmal in Erinnerung gerufen werden will, dann als Darstellung – als Repräsentation, die nicht anders kann als im Bild ihre Distanz zum Gezeigten abzubilden.
Paul Wenninger spannt den Bogen der Repräsentationsgeschichte zur repräsentationskritischen Parabel: er überbrückt das Uncanny Valley mit Motiven aus Found Footage-Material aus dem Ersten Weltkrieg, an die er die Performance der Darsteller anschließt, um diese wiederum mit Methoden des Animationsfilms ins Bild zu nehmen und dann bei einem Diorama im musealen Ambiente zu landen. Was der Film dokumentiert, ist eine Parabel über die Schwierigkeit zu vergegenwärtigen, was man zeigen will: Die Angst und Wunden der Soldaten gelten in diesem Film auch der Distanz, die hier verwundet wird, um klaffend in den Schein von Illusion zu blicken. Die Stop-Motion Ästhetik rüttelt am nahtlosen Verlauf der Bilder, die die Repräsentation zum Stottern bringen: Die Körpersprache folgt dem Stakkato des Medialen, das in den Tanz eindringt, um die Bewegungen zu perforieren, zu durchlöchern den Schein von Menschlichkeit. Was sich dann zeigt, ist eine Distanz, die nahegeht, die Unmöglichkeit Abstand zu halten, ein ikonoklastischer Tanz.
(Andreas Spiegl)
In Uncanny Valley sind wir unmittelbar mit der psychischen und physischen Intensität einer Schlacht konfrontiert die verzweifelte Soldaten im Ersten Weltkrieg kämpfen.
Im Horizont eines apparativen und physiologischen Blicks auf den Krieg entwickelt Uncanny Valley eine Dramaturgie des Bildes, das unterbrochen wird, ein stotterndes Bild, das die narrative Struktur der szenischen Abfolge unterbricht. In der Verbindung aus »Pixelation« und Performance wird die narrative Figur einer Abfolge gestört und in Momentaufnahmen zerlegt. Was von der Handlung bleibt, sind isolierte Einzelaufnahmen, die sich gegen das synthetische Bild einer Geschichte sträuben, sich gegen die narrative Struktur des Films wehren. Die narrative Performance kulminiert effektvoll in einer Enthüllung der betäubenden Sinnlosigkeit des Krieges, der Agonie von Konflikt und Überleben, der Entdeckung der Brüderlichkeit und des Wahnsinns, der in all dem liegt. (production note)
Uncanny Valley
2015
Österreich, Frankreich
13 min 30 sek