5/62 Fenstergucker, Abfall, etc.


Großstadt-Voyeure blicken uns an, wir spazieren durch die Stadtwelt, gegen zerbrochene Flaschen, hastig gerauchte Zigaretten; Abfall im Niemandsland neben Blicken hinunter auf Passanten. Ein Werk, zusammengesetzt aus scheinbaren Zufälligkeiten und oft unscharf gefilmten Bedeutungslosigkeiten, die sich später in den aktionistischen Dokumenten Krens ungleich heftiger vermengen sollen. (Claus Philipp)

In Fenstergucker, Abfall etc. werden wir mit einer nach-apokalyptischen Welt namens Wien konfrontiert. Kren dreht diese Welt durch die Wurstmaschine namens Schneidetisch. Unten auf der Straße en passant aufgenommene Fußgänger, rasch gerauchte Zigaretten, Hektik. Dazwischen hineingeschnitten immer wieder Bilder von verrottendem Müll und toten Vögeln, eine Sonnenfinsternis. Und schließlich, in rasendem Tempo montiert, massenhaft Menschen, die teilnahmslos und stumpf aus den Fenstern blicken. Die maschinelle Selbstverständlichkeit, mit der die Bilder aneinandergereiht sind, verleihen dem Gesehenen Zwangsläufigkeit - außerhalb von Müll, Menschen und unbeteiligten Zuschauern ist kaum etwas denkbar. Diese Öffentlichkeit, das Leben auf der Straße, ist ein Zustand, der sich außerhalb möglicher Progression situiert, die Bewegungen sind einer äußeren Motivation entkoppelt, und obwohl die Bilder einander schnell hinterhereilen, verharren Situation und Milieu in völliger Stasis die scheinbar apathischen Fenstergucker sehen immer nur dasselbe, und dies scheint ihnen völlig gleichgültig. Wien 1962, dies irae, alles ist vergessen, es ändert sich nichts, weil scheinbar nichts passiert ist. (
Michael Palm: Which Way?, Drei Pfade durchs Bild-Gebüsch von Kurt Kren, in: Ex Underground Kurt Kren hrsg. von H. Scheugl)

Weitere Texte

Claus Philipp zu "5/62 Fenstergucker, Abfall etc." von Kurt Kren

Einer der schönsten Filme von Kurt Kren. Stupend in seinem schamlos leichtfertig anmutenden Einsatz naheliegender Motive, die erst in Rhythmusstörungen und manierierter Kadrage veredelt werden: Großstadt-Voyeure blicken uns an, wir spazieren durch die Stadtwelt, gegen zerbrochene Flaschen, hastig gerauchte Zigaretten; Abfall im Niemandsland neben Blicken hinunter auf Passanten. Ein Werk, zusammengesetzt aus scheinbaren Zufälligkeiten und oft unscharf gefilmten Bedeutungslosigkeiten, die sich später in den aktionistischen Dokumenten Krens ungleich heftiger vermengen sollten.
Hier kommen der Müll und die Stadt noch relativ ungezwungen zusammen mit einer bei Kren so oft provokant stummen Tonspur - ein klassisches Lehrstück also auch für die Heerscharen jugendlicher TV-Sozialpornographen, das man nur immer wieder anschauen kann, anstatt es totzureden. Wer das Wien, das Österreich der frühen 60er erahnen will, kann es in diesem Film tun. Und Kurt Kren weiß schon, warum ihm zu seinen Arbeiten so wenig einfällt, obwohl sie so viel hergeben. John Inglis: "Here we become aware that we must actively look if we are to see." In der Tat, eine große Lektion in der Schule des Hin-Sehens.

Orig. Titel
5/62 Fenstergucker, Abfall, etc.
Jahr
1962
Land
Österreich
Länge
4 min 48 sek
Regie
Kurt Kren
Kategorie
Avantgarde/Kunst
Orig. Sprache
Kein Dialog
Credits
Regie
Kurt Kren
Verfügbare Formate
16 mm (Originalformat)
Bildformat
1:1,37
Tonformat
Stumm
Bildfrequenz
24 fps
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)
DCP 2K flat (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,37
Tonformat
Stumm
Bildfrequenz
24 fps
Farbformat
Farbe, s/w