Twelve Tales Told
Nach einer Reihe von ruhigeren Filmen, die sich der Betrachtung bedrohlich ragender Großarchitekturen widmeten, kehrt Johann Lurf mit Twelve Tales Told zurück zur frenetischen Strukturanalyse von Found Footage. Ein Dutzend Studiologos spult vor uns ab, wie wir sie als Vorspann zu Hollywoodproduktionen kennen – passend in 3D bei digitaler Vorführung, ansonsten in 2D auf 35mm, selbstverherrlichend in jedem Format. Allerdings sind die Logos − manche in auftrumpfendem Hochglanz animiert (Disney, Paramount), andere zurückhaltender gestaltet (Regency, Warner Bros.) – Bild für Bild ruckend ineinander verwoben, wobei die Sequenzen fortlaufend kürzer werden. Das Resultat mutet wie eine ununterbrochene bombastische Antiklimax an: der eskalierende Trommelwirbel für die Hauptattraktion will nicht aufhören und wird so selbst zur Hauptattraktion. Neue Studiologos werden fortwährend in den Mix eingestreut, wodurch der ersehnte Höhepunkt der vollen Logoenthüllung – z.B. Disneys beliebte Burg plus Feuerwerk – stets aufs Neue durch dazwischenfunkende Konkurrenten hinausgezögert wird. Der spielerische Titel des Films unterstreicht den Eindruck einer unheilvollen Endlosschleife kapitalistischen Wettlaufs: wer nämlich mitzählt, kommt auf ominöse dreizehn Geschichten, die erzählt werden. Aber schauen wir genauer hin: Disney ist Eigentümer von Touchstone (früher auch von Miramax), Touchstone wiederum Partner von Dreamworks. 20th Century Fox hält Anteile an Regency, und sowohl Columbia als auch Tristar sind im Besitz der unsichtbar bleibenden Sony Pictures Entertainment. Hier hätten wir also eine vierzehnte Geschichte, vielleicht die einzig echte: jene von der kulturellen Hegemonie eines verflochtenen Großunternehmens. Anders als in traditionellen Found-Footage-Arbeiten, in denen Hollywood als Verfertiger fotografischer Bilder thematisiert wird, mischt Lurf hier die Ikonographie und die Produktionswerte Hollywoods buchstäblich zu einer digitalen Marke zusammen. Das unaufhörliche Anbranden repetitiver Markenbilder, in dem sich die visuelle Allmacht der Konzerne manifestiert, ergibt in Verbindung mit der musikalischen Aggressivität der zerhackten Soundtracks eine einzige, homogenisierte Supermarke, die HOLLYWOOD donnert. Wer braucht Geschichten, wenn Marken ihre eigenen erfinden können?
(Daniel Kasman)
Übersetzung: Thomas Brooks
Der junge Österreicher hat die animierten Firmenlogos der größten Hollywoodstudios (nebst einiger Subdivisionen wie z.B. Regency Enterprises) im Viertelsekundentakt ineinander montiert, zu einem stotternd überlaufenden Füllhorn kulturindustrieller Bezauberung. Noch auszumachen, obschon in konsequent verstümmelter Form, sind Gleitflugbewegungen, flirrender Feenstaub, Fließen entlang und Eintauchen in quecksilbrig schimmernde Oberflächen. Auch den Soundtrack hat Lurf dem Ausgangsmaterial entnommen und nach dem selben Kalkül wie die Bildspur rearrangiert. In einer Rezension für den Falter nennt Drehli Robnik das anschauliche Ergebnis dieser Rechenoperation „Glitch-Hop“ – und so eingängig-erratisch klingt es auch.
(Nikolaus Perneczky, In: CARGO, 2014)
Tausende Male hat man sie schon gesehen, immer wieder aufs Neue verheißen sie das Eintauchen in die fantastischen Welten der Filmindustrie: die Logos der großen Hollywood-Studios. Was Lurf mit ihnen macht, ist so genial wie typisch. Einen märchenhaften Katastrophenkurzfilm, ein manipulatives Sperrfeuerwerk, eine den Wahrnehmungsapparat umkrempelnde, toxisch tönende Fusion. So wird gleichermaßen das Verlangen nach einer neuen Geschichte aus der Traumfabrik angeheizt und der Widerwille gegen deren affizierende Illusionsmaschinerie geschürt.
(Viennale Katalog, 2014)
Twelve Tales Told
2014
Österreich
4 min