Family Portrait
Ein surrealistisches Porträt der besonderen Art wird von der Künstlerin Birgit Scholin in ihrer Clay Animation Family Portrait gezeigt. Stillschweigend und ohne den geringsten Kontakt zueinander, agiert die dargestellte Familie – ein Geschwisterpaar in der Badewanne, allein spielende Kinder, die strickende Mutter und der lesende Vater – in unterschiedlichen Ecken eines einzigen Raums. Dabei erinnern das detailreich gestaltete Set sowie ihre nostalgische Tristesse an mit Plastilin und Stoff nachempfundenen Szenerien des tschechischen Animationsfilmemachers Jan Švankmajer. Nicht eindeutig feststellbar ist, in welcher zeitlichen Epoche der Film spielt. Vielmehr vermag Scholin generationenübergreifende Einblicke in soziale Verhältnisse der Gesellschaft zu geben: „Es geht um beengte und bedrückende Wohn- und Lebensumstände, um Isolation, um Hoffnungslosigkeit“, wie es in der Jurybegründung zur Best Austrian Animation beim One Day Animation Festival 2013 heißt.
Als Inspirationsquelle nennt die Künstlerin das im naturhistorischen Museum ausgestellte Grab einer siebenköpfigen Familie aus der Hallstattzeit, deren Körperhaltung vermuten lässt, dass die Personen bei lebendigem Leib begraben wurden. Im Film finden die animierten Familienmitglieder letztendlich auf einem großen Bett zusammen, rollen sich ein zum „ewigen Schlaf“ und werden mit schwarzer Erde bedeckt. Auf der Tonebene wird dieser Stimmungswechsel unterstützt, wenn die improvisierte, atonale Klavierbegleitung Frederic Broderips in „Du, oh schönes Weltgebäude“ von Johann Sebastian Bach übergeht. Wie auch in anderen Werken ihres Oeuvres offenbart Birgit Scholin bei Family Portrait also eine kompromisslose Zusammenführung aus Wahrheit, Wunsch und Erinnerung.
(Franziska Bruckner)
Family Portrait
2013
Österreich
3 min 27 sek