Wotruba
Wenn sich Thomas Draschan der Kirche der Heiligsten Dreifaltigkeit in Wien in seinem Experimentalfilm widmet, so tut er dies mit einer ziemlich gekonnten Übersetzung des Bildmotivs. Draschan konstruiert seinen Film aus Einzelbildern, die er zu einer Erzählung zusammenfügt. Die Montage fotografischer Bilder legt den Schwerpunkt auf die Zeit und damit auf die Konstruktion von Realität. Draschan legt damit aber vor allem die künstlerisch-architektonische Philosophie dieses Baus frei, den Fritz Wotruba in den Jahren 1974 bis 1976 konzipierte und mit dem Architekten Fritz Gerhard Mayr realisieren konnte. Der Künstler entwarf die Kirche als eine begehbare Skulptur, die aus Einzelkuben aufgebaut ist. Für Wotruba sollte die Form der Kirche auch die Konstruktion vom Boden in die Höhe offen legen. Das einfache Prinzip der Architektur also, als Schichtung der Kuben neben- und übereinander. Dank der linearen Konstruktion der Schichtung gewinnt auch der Faktor Zeit in der skulpturalen Architektur an Bedeutung. Im Film entspricht das der Montage der Einzelbilder. Ursprünglich hatte Wotruba die Kirche aus Natursteinen und nicht aus Beton geplant. Eine Art Stonehenge wenn man so will. Damit ist auch klar, dass ihm auch an einem sehr archaischen Eindruck gelegen war, der durch die Verwendung von Beton aber eine ganz andere Ausstrahlung erhielt und das konstruktiv-architektonische der Kirche verstärkte. Und genau da setzt der Film an und entwickelt eine aus dieser aus heutiger Sicht dekonstruktivistischen skulpturalen Form eine ganz eigene Filmsprache. Der Film schafft es, eine gänzlich eigene Interpretation der Materialität, der Stimmung und der Konstruktion des sakralen Raumes zu liefern und eine eigene filmische Wirklichkeit zu erzeugen.
(Harald Krejci)
Wotruba ist eine Einzelbildfilm, welcher sich mit der gleichnamigen kirche in Wien beschäftigt. Mit einem Fotoapparat wurden überwiegend von Hand, manchmal vom Stativ, Bilder geschossen. Der Prozess des "Bild für Bild", wie er auch in der Animation verwendet wird, hat eine Verdichtung von Zeit zur Folge. Die handgehaltene Kamera bewegt sich in virtuellen Kamerafahrten durch und um das Gebäude, um es filmisch erfahrbar zu machen. Jedes Bild ist eine neue Entscheidung und Eingriff in den filmischen Ablauf.
(Produktionsnotiz)
Wotruba
2014
Österreich
6 min 40 sek