Entwürfe
Zunächst ein Fenster ohne Durchsicht, kadriert wie eine Leinwand. Im Off kumulieren vorab geführte Interviews, Berichte über Gemeindewesen sowie überlieferter Sagenschatz in einer eigenständigen Erzählung. Wie aus einem imaginären Kinoprojektor strahlend, legt sie sich über die assoziativ montierte Bildebene: über statische Provinz-Stilleben, Baumodelle, -skizzen, historisches Footage und Alltagsbeobachtungen aus Vordernberg.
Früher sorgte der Abbau des Erzbergs für Arbeitsplätze in der steirischen Gemeinde, heute liegen die Hoffnungen im geplanten Schubhaftzentrum – ein EU-Vorzeigeprojekt, ausgeschrieben als Architekturwettbewerb im Zeichen von Menschenwürde und neuerlichem wirtschaftlich-regionalem Erstarken. Das Gebäude solle das Thema Migration neu aufarbeiten, heißt es, es solle durch seine bauliche Ordnung den möglichst ausgeprägten Handlungsspielraum der Angehaltenen gewährleisten, die Gesellschaft verändern.
Zunehmend überlagern sich Bilder von (architektonischen) Entwürfen eines Gebäudes mit jenen von Entwürfen einer Gesellschaft. Es kollidieren ambivalente Perspektiven auf Sicherheit, Freiheit sowie das Angehaltensein/Angehaltenwerden. Dabei widersetzt sich Juri Schaden der impliziten Logik des Schubhaftwesens: Er belässt den Rezipient_innen die Souveränität und gewährt ausreichend Raum, um die jeweils eigene Haltung zum verhandelten Thema zu befragen. Dem Titel konform vermittelt sich dieses nicht als eine einzige lineare und unumstößliche Erzählung, sondern als ein in Bild und Ton konsequent ausfransender essayistischer Entwurf: über den Wandel im post-industriellen Gemeinschafts- und Arbeitsleben; über das Kommen und Gehen, sei es freiwilliger oder staatlich – bisweilen gewaltsam – exekutierter Natur; über das vermeintlich Faktische, das sich bei Schaden generell als potentiell fiktiv zu erkennen gibt.
(Sebastian Höglinger)
Entwürfe
2013
Österreich
22 min