Schusterhof
Eine Familien-Aufstellung für den Fotografen zu Beginn: der alte Vater und die drei erwachsenen Söhne, im Eingang des gemeinsam bewohnten, ein wenig heruntergekommenen Hauses. Ein Bauernhof in Oberösterreich, neben der Dorfkirche gelegen, umgeben von Wiesen und Wäldern. Über die idyllischen Landschaftsbilder legt sich eine Stimme aus dem Off, die das Protokoll einer Gerichtsverhandlung verliest: Die Landwirtschaft und das Gasthaus der Familie Weinberger sind schon seit langem hoch verschuldet. Eine finanziell äußerst prekäre Lage für den Familienbetrieb. Und eine schwere Belastung für die Zukunft der Söhne. Das Konfliktpotential dieser Gemengelage, Schuldfragen und Vorwürfe bleiben latent. Der Vier-Männer-Haushalt funktioniert. Die Schweine werden gefüttert, das Getreide im Silo eingelagert, Brot gebacken. Man spricht nur wenig miteinander. Ein familiärer Diskurs stellt sich erst in der Montage des Films her. Als Enkelin des etwas verschrobenen Familienoberhaupts ins Geschehen involviert und bisweilen selbst vor der Kamera zu sehen, bringt die Filmemacherin die Beteiligten unaufdringlich zum Sprechen. Gleichzeitig hält sie in der Nähe auch eine gewisse Distanz, indem sie ihre Stimme den Verlautbarungen der Justiz leiht, die als Kommentar fungieren. Ins Zentrum des familiären Systems stellt sie die Abwesenheit der verstorbenen Mutter bzw. Ehefrau. Diese Leerstelle, durch die lange Großaufnahme eines Porträtfotos betont, sowie das Gefühl von Verlust und Trauer erfassen den gesamten Film. Das Kruzifix und die Heiligenbilder, die Eckbank in der Küche, wo gerade noch die Familie zusammensaß, werden schließlich zu Stillleben, die Bauernschränke und der große Backofen zu Relikten aus einer schon vergangenen Zeit. Ohne sentimental zu werden, entwickelt sich der Familienfilm zum Dokument einer aussterbenden Lebensweise. Der Platz für das Familienfoto vom Anfang ist ungewiß.
(Birgit Kohler)
Die Landwirtschaft und das Gasthaus der Familie Weinberger sind schon seit langem hoch verschuldet. Eine finanziell äußerst prekäre Lage für den Familienbetrieb. Und eine schwere Belastung für die Zukunft der Söhne. Das Konfliktpotential dieser Gemengelage, Schuldfragen und Vorwürfe bleiben latent. Man spricht nur wenig miteinander. Ein familiärer Diskurs stellt sich erst in der Montage des
Films her. Als Enkelin des etwas verschrobenen Familienoberhaupts ins Geschehen involviert und bisweilen selbst vor der Kamera zu sehen, bringt die Filmemacherin die Beteiligten unaufdringlich zum Sprechen. Gleichzeitig
hält sie in der Nähe auch eine gewisse Distanz, indem sie ihre Stimme den Verlautbarungen der Justiz leiht, die als Kommentar fungieren. Ins Zentrum des familiären Systems stellt sie die Abwesenheit der verstorbenen Mutter bzw. Ehefrau. Ohne sentimental zu werden, entwickelt sich der Familienfilm zum Dokument einer aussterbenden Lebensweise.
(Festivalkatalog: DER NEUE HEIMATFILM, Freistadt 2013)
Ein Familienfilm. Den Knotenpunkt dieses Films bildet ein schöner und marode dämmernder Bauernhof in Oberösterreich. Lose verknüpfen sich die Geschichten der vier Männer die hier leben: Der Kirchenwirt und seine Söhne. EIn familiärer Diskurs bahnt isch an, rund um die Verschuldung des Familienbetriebes und der Bedeutung des verlorenen Erbes für jeden Einzelnen in dieser Familie - meiner Familie.
(Victoria Kaser)
Schusterhof
2012
Österreich
79 min