XXX!
Die Konzeption von XXX! zeigt sich als eine visuell gleitende Todesbildermetapher: Weiße Schatten … Ich hatte noch eine Rolle 16mm Filmmaterial mit nie verwendeten Szenen. Mit einer HDV-Videokamera filmte ich, mit Infrarot und als Negativbild, einige Teile der 16mm Szenen – in das Bild eindringend – im Format 16:9 direkt von der Leinwand ab: eine vom Sturm gepeitschte Pappel, Perücken, zwei der vier Teletubbies, Totenköpfe, Aschenbecher, Röntgenaufnahmen, Antennen, (…), Kerzenflamme. Gewitterstimmung.
(Dietmar Brehm)
Das XXX – noch dazu mit Rufzeichen – , das einst strengste Zensur gegenüber Filmbildern bezeichnete, als Titel eines Films (der kein Vin Diesel-Film ist): Da fragt sich, was das ist, das hier nur unter Zensurauflagen zu sehen sein soll. Sind es die wogenden Äste, die Perücke, ein Totenkopf, Teletubbies, eine Whiskeyflasche und andere Objekte, die hier im Close-up aufeinanderfolgen? Sind sie mit XXX-Zensur belegt, weil sie so abgründig und anstößig sind? Vielleicht assoziieren wir ja mit dem Namen des Filmemachers Erinnerungen an Old-School-Porno-Reflexionen, Kenneth Anger-hafte Hausaltäre und Stooges-Songs und denken uns: Ja, klar, solche Dinge zu zeigen, das fällt unter Zensur. Aber so einfach ist es nicht.
Dietmar Brehms Objekte sind Fetische, vielleicht gar eigensinnige Latour´sche "faitiches", jedenfalls bildförmige Wunder-Dinge. Und in welchem Sinn, in welchem Licht gesehen sind sie das? Im Flackerlicht der Kerze am Filmende, in dessen Anblick sich das Leuchten verdichtet, das aus jedem Bild von XXX! heraus strahlt. Es ist dies das pulsierende Leuchten eines Screens nach Art von Fernsehschirmen. Das heißt: Was wir in XXX! zu sehen bekommen, das erreicht uns über den heimeligsten aller denkbaren Screens als ein Immer-schon-Gesehenes – und als ein Negativbild mit weißem Schatten; dieses ist seinerseits Ergebnis eines Flackerns, eines Umspringens, vom Positiv zum Negativ (vom "Pos." zum "Neg.", könnte man sagen, um den aus diesen Bildern wehenden Hauch von Kurt Kren zu beschwören), vom Heimeligen zum Unheimlichen, vom Horror zum Humor – und retour.
In der Atmo-Soundscape ertönt fernes Donnern und naher Regen. Es regnet, und wir sind drinnen. Wir sind offenbar heimelig geborgen bei Teletubbies und Kerze, Perückenständer und Totenkopf. Oder aber wir müssen diese Bilder als umgesprungene lesen: Vielleicht sind wir doch aus dem Regen versehentlich ins Geburtshaus, ins "Un-Heim", eines Serienmörders geflüchtet. Wie im Horrorfilm. Also doch heimelig. Was in XXX! unheimlich ist, fast zu anstößig zum Zeigen, das ist dieses Flackern: zwischen dem Ausstellen von Fetischen als immer schon gesehene, fast lachhafte, und faszinierter Hingabe an sie. Es regnet, und jedes Bild ist lila. Wie heißt es doch in einem alten Song: I never meant to cause you any pain. I just wanna see you laughing in the purple rain.
(Drehli Robnik)
XXX!
2011
Österreich
8 min 5 sek