CONFERENCE notes on film 05

Hitler Dead or Alive (1942; R: Nick Grinde) brachte die Dinge schon früh auf den Punkt: Le moustache, c´est l´homme, zumindest in der Abbild-Welt; weshalb das alliierte Killerkommando hier Hitler auch nicht töten muss – eine gründliche Rasur reicht als Rache; den Rest besorgen des Führers Gefolgsleute, die ihr Idol in Adolf H.s nacktem Antlitz nicht mehr zu erkennen vermögen...
Adolf Hitler: In Film und Fernsehen die am häufigsten gespielte Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts ist für viele grosse Mimen eine Traumrolle, für andere wie Bobby Watson und Fritz Diez die Nebenrolle ihres Lebens. Das passt zu einem Staatsmann, der Postkarten von sich machen ließ, die ihn in diversen Rednerposen zeigen und die ausschauen wie Starphotos für Theater- und Kinoschaukästen. 65 Hitler-Darsteller tauchen auf in Conference. Notes on Film 05, der historische allerdings nicht, und doch vermeint man diesen in jedem von ihnen irgendwie zu sehen: Bürstenbärtchen und Seitenscheitel reichen dafür völlig aus. Oder auch nicht. Die Conference-Hitler stammen aus allen Dekaden seit den 1940ern; Norbert Pfaffenbichler filmte sie alle in S/W und mit S8 von einem Monitor ab, sodass sie nun gemeinsam in ein und demselben Material existieren.
65 mal Hitler: Wie er aus der Tiefe des Raums, dem Dunkel, dann dem Erewhon jenseits des Kaders auftaucht; wie durch gewisse Gesten, Verrichtungen und deren Wiederholungen, Varianten oder Variationen eine Erzählung entsteht, ein Essay – die Studie eines „Hitlertypischen“ quer durch die Dekaden. Einerseits ist das absolut grotesk, weil da eigentlich gar nichts zusammenpasst von Hitler zu Hitler; So wird denn aus dem Patchwork-Hitler plötzlich eine Hitlerschar, die miteinander wüst diskutiert; Kurz darauf drängt sich der Eindruck auf, dass man bislang einen Film sah, den sich ein (weiterer) Hitler im Kino anschaute! Andererseits gemahnt Bernhard Langs Musik mit ihren elektronischen Zischern und Einschlägen, den in einigen Passagen zu Hängern und Stotterern geloopten Phrasen an All Das, was im Namen dieses einen Gesichts gemacht wurde. Was macht all das aus dem Zuschauer im Saal? Stop! Stop!, hört man in der Ouvertüre, wenn der Abspann als Vorspann heraufrollt.

(Olaf Möller)


Keine andere historische Figur des 20. Jahrhunderts wurde so oft und von so vielen unterschiedlichen Schauspielern im Film dargestellt wie Adolf Hitler. (Einzig Jesus Christus wurde öfters in Filmen verkörpert - allerdings mit einem zeitlichen Vorsprung von über 50 Jahren.) Im Rahmen dieses Projektes wird ein Interpretationsvergleich angestellt: In etwa 70 Ausschnitte aus Filmen von den 1940er Jahren bis hin zur Gegenwart werden a-chronologisch aneinander montiert. Originalaufnahmen der historischen Persönlichkeit Adolf Hitler bleiben bewußt ausgespart, es geht ausschließlich um filmische Interpretationen.

(Norbert Pfaffenbichler)


Conference ist eine Studie über Repräsentation: im cutup/foldin-Verfahren vollzieht sich eine Dekonstruktion der Geste der Macht, beleuchtet in einer kaleidoskopischen Reihung kinematografischer Repräsentationen: diese Dekonstruktion führt in ihrer zunächst ironischen Leichtigkeit hin zu den Zeichen hinter den Zeichen, enthüllt sich letztlich, so wie ich das empfinde, als eine untergründige Anklage dieser Macht-Inkarnationen: und diese Anklage richtet sich auch an das Kino als mediale Prolongation dieser Mächtigkeiten, vielleicht intentional ähnlich der Godardschen Anklage, sicher aber anders umgesetzt als kurzer Metafilm, als Bemerkungen zum Kino, Notes on Film.

(Bernhard Lang / Musik)

Orig. Titel
CONFERENCE notes on film 05
Jahr
2011
Land
Österreich
Länge
8 min
Kategorie
Avantgarde/Kunst
Orig. Sprache
Kein Dialog
Downloads
CONFERENCE (Bild)
CONFERENCE (Bild)
Credits
Regie
Norbert Pfaffenbichler
Konzept & Realisation
Norbert Pfaffenbichler
Musik
Bernhard Lang
Assistenz
Barbara Wurm, Christoph Huber, Olaf Möller, C. B. Pfaffenbichler
Mit Unterstützung von
Wien Kultur, Land Oberösterreich, Innovative Film Austria
Verfügbare Formate
35 mm (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,37
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
s/w
Digital File (prores, h264)
Festivals (Auswahl)
2011
Viennale - Vienna Int. Film Festival
Telluride - TIE International Experimental Film & Video Festival
Venezia - Mostra Internazionale d`Arte Cinematografica - Concorso Orizzonti
Jihlava Documentary Film Festival
Mar del Plata - Int. Film Festival
Paris - Rencontres International Paris/Berlin/Madrid
Paris - Festival des Cinemas Differents Collectif Jeune Cinema
Recife - Janela Internacional de Cinema (Best Sound)
2012
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films
Lissabon - Indielisboa Int. Film and Videofestival
Rotterdam - Int. Filmfestival
Bradford - International Film Festival
Linz - Crossing Europe Film Festival
Seoul - EXis (Experimental Film- & Videofestival) (Fuji Award International Competition)
Uppsala - Int. Short Film Festival
München - UnderDox, Festival für Dokument und Experiment
Braunschweig - Filmfest
Madrid - Semana de Cine Experimental (Jurypreis: 2 Platz)
Braunschweig - Internationales Filmfestival
Belgrade - Alternative Film/Video Festival (Relevant Film)
Lima - Peru Int. Short Film Festival
Jeonju - International Film Festival
Vila do Conde - Festival Internacional de Curtas-Metragens
Wroclaw - New Horizons Festival
Teplice - Int. Art Film Festival Trencianske
Seattle - Int. Film Festival
Sarajevo - Int. Film Festival
Zagreb - 25fps Film & Video Festival (Grand Prix)
2013
Praha Short Film Festival
Leuven - Short Film Festival
Regensburg - Kurzfilmwoche
Bradford - International Film Festival
Stuttgart - Filmwinter, Expanded Media Festival
Wroclaw - WRO-International Media Art Biennale
2014
München - Nonfiktionale
Bologna - Il Cinema Ritrovato Film Festival
St.Petersburg - Message of Man Festival
Reykjavik - Punto y Raya Festival