Teheran - Lost & Found
Orientierungslos in einer fremden Metropole, hilft einem ein Blick in den Stadtplan. Nicht aber, wenn die Straße, nach der gesucht wird, auf diesem gar nicht mehr verzeichnet ist. Ascan Breuer begleitet in Teheran – Lost & Found seine Frau Ariane auf eine Spurensuche in die iranische Hauptstadt, von wo ihre Familie noch vor der Islamischen Revolution von 1979 emigriert ist.
Der Dokumentarfilm ist allerdings kein Reisefilm im engeren Sinn; sein Reiz liegt nicht im Expansiven, sondern im Ephemeren, in einem Gestus des Vorbeigehens, bei dem man Bilder flüchtig aus dem Handgelenk einfängt. Einerseits entsteht so der Eindruck einer lebendigen orientalischen Großstadt, eines Alltags, zu dem große Billboards und Revolutionsikonen auf Fassaden ebenso gehören wie aufgeweckte Frauen in Taxis, die es mit den Fatima-Feierlichkeiten nicht allzu genau nehmen. Fundstücke eines persönlichen Blicks, die mit der oft eindimensionalen westlichen Perspektive auf den Iran wenig gemeinsam haben. Andererseits gehört Teheran – Lost & Found ganz Ariane, die hier ihr Selbstverständnis als Angehörige der zweiten Generation an einer für sie widersprüchlichen Realität überprüft. Das Haus der Familie, das enteignet wurde, ein vages Gefühl von Paranoia auf den Straßen und all die anderen disparaten Stadtbilder eines Tages konkretisieren sich in einer Art abendlicher Selbstbefragung.
Wie bringt man die eigene Familiengeschichte mit der politischen Gegenwart des Iran in Einklang? Und wie verhält man sich selbst dazu? Soll man die Leute „deppert“ finden, wie Ariane einmal sagt – oder sind sie einem doch näher, als man vermutet hat? Auf all diese Fragen gibt es keine einfachen Antworten. Doch der Film schafft ein Bewusstsein für die Widersprüche, aus denen sich hybride Identitäten formen – sodass man am Ende doch woanders als wieder beim Ausgangspunkt ankommt.
Dominik Kamalzadeh
Tehran - Lost & Found
2010
Österreich
14 min 30 sek