Gyre
Leuchtend weisse, rautenförmige Gebilde gleiten von rechts nach links über eine tiefschwarze Fläche im Cinemascope-Format. Minimale Bewegungsvariationen sind auszumachen. Nach und nach hellt sich die Leinwand auf und eine grobe Holzstruktur wird sichtbar. Die hellen Rechtecke entpuppen sich als Fensteröffnungen einer rasant um die eigene Achse rotierenden Blockhütte, deren Innenwände leuchtend weiß sind. Die vermeintlich abstrakte Animation wandelt sich mittels subtiler Veränderungen der Lichtsituation und des Kamerawinkels und -abstands in eine konkrete, filmisch-architektonische Versuchsanordnung.
Kämmerer überlässt in diesem aufwendig produzierten Werk nichts dem Zufall: Der Film wurde in Form einer einzigen Plansequenz aufgenommen und nicht nachbearbeitet. Er konstruierte ein überaus komplexes Objekt, welches mittels eines Elektromotors in eine variable Rotationsbewegung versetzt wurde. Die Fensteröffnungen haben das Bildseitenverhältnis von 4:3 – also jenes eines herkömmlichen Video- bzw. TV-Bildes – während die Wände drei unterschiedliche Kino-Breitbildformate aufweisen. Mittels einiger ausgefeilter Effekte wird das Publikum beständig irritiert: Die Hütte ist aussen polygon und innen kubisch; der leuchtend weisse, sterile Innenraum und die grobe Aussenfassade bilden einen befremdlichen Kontrast. Durch die rahmenlosen Fenster wird eine Türe im ansonsten völlig leeren Innenraum erkennbar, welche jedoch an der Aussenfassade keine Entsprechung findet. Mangels eines sichtbaren Hintergrundes bleiben die Dimensionen des Objektes unklar.
Der Film ist stumm, aber keineswegs tonlos. Kämmerer kopiert eine leere Tonspur auf seine Filmrolle. Ein kaum hörbares Rauschen ist die Folge; ein Rauschen, das sich verstärken wird, je öfter die jeweilige Filmkopie vorgeführt wird.
(Norbert Pfaffenbichler)
Weiße und schwarze Flächen ziehen vorüber. Pause. In der Wiederholung, die keine ist, da sich Dargebotenes wie dessen Wahrnehmung mit jedem Durchgang subtil verändern, entsteht Raum. Etwas rotiert, aber die Richtung ist zunächst aufregend uneindeutig. Aus einem Dunkel blicken wir durch vorbeihuschende Fensteröffnungen in einen hell erleuchteten leeren Raum, dessen Architektur bis zuletzt rätselhaft bleibt. Mit der Zeit bekommt auch das Außen überraschend Kontur.
(Thomas Korschil)
Gyre
2009
Österreich
9 min